Mario Schuler 01.05.2016

Schweizer Werte in Ecuador

Ecuador, Russland, Deutschland, Schweiz: Der gelernte Automobil-Ingenieur Marcos Xavier Gutiérrez Ojeda aus Ecuador ist weit herum gekommen. Dabei haben ihn auch die Schweiz und die FFHS geprägt. Der wissensdurstige FFHS-Alumni hat aus seinen zwölf Jahren im Ausland viel mitgenommen und möchte nun das Gelernte seinem Heimatland weitergeben.

Marcos Gutiérrez ist in der Kleinstadt Latacunga im Hochland von Ecuador auf knapp 2’800 m.ü.M. aufgewachsen. Diese liegt nur wenige Kilometer vom Cotopaxi entfernt, einem der höchsten aktiven Vulkane  der Welt (5’900 m.ü.M.). In dieser Höhenlage, wo nicht nur die Menschen, sondern auch die motorisierten Fahrzeuge nach Luft ringen, hat Gutiérrez die Faszination für Motoren und Autos mit auf den Weg bekommen. Der Vater war dabei seine Inspiration, denn früher hatten sie oft zusammen Magazine über Autos und Technik angeschaut. Damals hätte er es nicht für möglich gehalten, später selber in Europa Motorenbestandteile zu entwickeln. Und zwar umweltschonende.

Einmal quer durch Europa

So war sein Weg früh gezeichnet: Nach seinem Universitätsabschluss als Automobil-Ingenieur in Latacunga zog es Gutiérrez nach Moskau, wo er über Verbrennungsmotoren doktorierte. Seine Arbeit konnte er an diversen internationalen Kongressen vorstellen, wo er mit anerkannten Persönlichkeiten aus der Industrie in Kontakt kam. Dazu zählte auch der Direktor eines deutschen Unternehmens, der Gutiérrez nach seiner Promotion für zwei Jahre nach Deutschland holte. Danach zog es den heute 33-Jährigen in die Schweiz, wo er als Projektleiter einer Entwicklungsabteilung mehr Verantwortung übernehmen und innovative Produkte mitentwickeln konnte. Dabei feilte er an einem effizienten Einspritzsystem für Motoren, das in Generatoren von Stromkraftwerken eingesetzt wird.

Egal ob Russisch, Deutsch oder teilweise sogar Schweizerdeutsch, Gutiérrez tat sich nie schwer im Lernen der lokalen Sprachen. «Für mich war die Sprache in allen Ländern der Schlüssel zur Arbeit und vor allem auch zu Land und Leuten», sagt der Weltenbummler. Während seiner 12 Jahre in Europa hat er auch einige Mentalitätsunterschiede zwischen den Ländern ausmachen können. «Wir Ecuadorianer sind sehr emotional, die Schweizer dafür äusserst genaue Leute». Gutiérrez war in der Schweiz angetan vom Umweltbewusstsein und dem hohen Qualitätsdenken – jedes Produkt musste immer perfekt sein. In der Schweiz habe er sich stets sehr wohl gefühlt. «Ausser der Familie hat es mir hier an nichts gefehlt», erzählt er. Wenn ihm einmal etwas Freizeit vergönnt war, genoss er Spaziergänge in der Berner Altstadt oder entlang der Seepromenade in Zürich.

Die FFHS als Lebensschule

Der weltoffene Ecuadorianer hatte festgestellt, dass ihm sein technisches Know-how für das Erreichen seiner Ziele nicht genügte. Deshalb hat er an der FFHS nach dem Diplom in General Management ebenso den Executive Master in Business Administration angehängt. «Wenn ich den besten, effizientesten und umweltfreundlichsten Motor entwickle, muss ich doch wissen, wie ich den gesellschaftlichen Nutzen meiner  Errungenschaft den Leuten vermitteln kann», erklärt Gutiérrez mit einem Lächeln. Sein Studium an der FFHS sei deshalb das Beste gewesen, um sein technisches Wissen mit wirtschaftlichen Denkweisen zu ergänzen. «Die FFHS hat mir aufgezeigt, wie technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte sinnvoll miteinander verknüpft werden können», erläutert der Alumni. Die nötige Balance müsse insbesondere auch bei der Produktion von Motoren gefunden werden, denn nur Leistung und Geschwindigkeit seien heute nicht mehr zentral. Ihm liegt viel daran, die Industrie in seiner Heimat auch für die Umweltaspekte zu sensibilisieren, die hierzulande oftmals schon zur Gewohnheit zählen.

Dem Vaterland etwas zurückgeben

Im vergangenen November ist Gutiérrez mit einem grossen Rucksack an Erfahrungen in seine Heimat zurückgekehrt. Diesen Entscheid hat er über die letzten zwei Jahre gefällt, um wieder näher bei der Familie zu sein, aber auch damit sein Land von seinem Wissen profitieren kann. Trotz seiner langen Abwesenheit hat der stolze Ecuadorianer nie vergessen, woher er kommt. Heute forscht er an der Universidad de las Fuerzas Armadas ESPE in Latacunga an energetischen und mechatronischen Systemen. Dazu gehört unter anderem das Experimentieren an Mischungen von Kraftstoffen, um diese effizient und dennoch möglichst umweltfreundlich zusammenzusetzen. Zudem entwickelt er für Menschen mit physischer Behinderung sogenannte Exoskelette, die ihnen das Bewegen von Körperteilen erleichtern.

Gutiérrez' Traum ist es, effizientere Motoren unter Berücksichtigung der Umwelt herzustellen, die auch auf grosser Höhe einwandfrei funktionieren und dabei seinem Land zugutekommen. Ein hochgestecktes Ziel. Um sich diesen Traum etwas greifbarer zu machen, sind ihm die Teamarbeit und das Schweizer Qualitätsdenken enorm wichtig. Marcos Gutiérrez ist glücklich wieder zu Hause zu sein. Und doch sehnt er sich ab und zu zurück und wünschte sich ein warmes «Schoggigipfeli» oder ein «Züri-Gschnätzlets» mit Rösti.