12.12.2016

Strategie E-Hochschule gut unterwegs

Brig/Zürich – Die FFHS hat 2011 die «E-Hochschule» in ihr strategisches Leitbild integriert, um dem steigenden Bedürfnis nach orts- und zeitunabhängiger Bildung gerecht zu werden. 2015 hat die Schulleitung insgesamt 16 Projekte zur Verfolgung der Strategie E-Hochschule lanciert, die nun zum Teil in die produktive Phase wechseln. Zeit, ein Resumée zu ziehen.

Die digitale Transformation stellt eine bedeutende Herausforderung für das Bildungswesen dar. In den letzten Jahren hat die FFHS deshalb die E-Hochschule als Vision formuliert. Dabei soll ein Gesamtsystem aus den Bereichen E-Learning, E-Campus und E-Research etabliert werden, welches die virtuelle und physische Präsenz mit Zeit- und Ortsunabhängigkeit verbindet. In der Folge sind 16 Strategieprojekte lanciert worden, welche die Transformation zur E-Hochschule vorantreiben sollen. Die Handlungsfelder sind dabei sehr vielfältig: von der Einführung von papierlosen Prüfungen über BYOD (Bring your own Device) bis zum virtuellen Klassenzimmer. Gesamtprojektleiter Dr. Oliver Kamin gibt im Interview Auskunft über den Umsetzungsstatus der strategischen Projekte.

Herr Dr. Kamin, Sie sind Gesamtprojektleiter der Strategieprojekte der FFHS, welche Mitte 2015 gestartet sind. Wie weit ist die FFHS eineinhalb Jahre später mit der Umsetzung ihrer Strategie E-Hochschule?

Wir haben etwa ein Viertel von dem, was wir uns vorgenommen haben, geschafft. Ich denke, dass wir – im Sinne der Umsetzung eines strategischen Vorhabens, welches über mehrere Jahre angesetzt ist – gut im Plan liegen.

Welche Projekte konnten bereits erfolgreich umgesetzt werden?

Insgesamt sind die Projekte Lernprozessoptimierung, Storytelling und Serious Games so gut wie abgeschlossen. Im Zuge der Lernprozessoptimierung wurde bspw. eine Differenzialdiagnostik für FFHS-Unterrichtsmodule entwickelt, damit die Qualitätsverbesserung eines Moduls nicht symptom- und technikgetrieben erfolgt. Es soll vielmehr systematisch nach Ursachen bzw. Ansatzpunkten gesucht werden. Diese Punkte werden dann gezielt mit einem auf den Intentionen, Inhalten und Zielgruppen abgestimmten Methoden- und Medieneinsatz des Moduls angegangen. So wurden im letzten Jahr sowohl das Storytelling bzw. Serious Gaming als auch die Integration von Online-Konferenzen als Ergänzung zum Präsenzunterricht in ausgewählten Modulen erfolgreich implementiert.


Auch die Evaluation eines University Informations Systems (UIS) wurde mittlerweile abgeschlossen. Welche Erkenntnis konnte gewonnen werden?

Wir haben erkannt, dass ein reines Verwaltungssystem klassischer Art nicht den Anforderungen einer modernen Fachhochschule bzw. einer E-Hochschule gerecht wird. Um die Qualität unseres Angebots zu verbessern und unsere USP auszubauen, orientieren wir uns zukünftig am Lebenszyklus unserer Kunden (in unserem Falle Studierenden), was in der Dienstleistungsbranche mittlerweile Standard ist. Wir haben uns deswegen entschieden, unser bisheriges Verwaltungssystem Evento abzulösen und zukünftig das seit vielen Jahren etablierte Produkt CAS Campus der CAS Software AG zu verwenden.

Welche Herausforderungen warten nun bei der Umsetzung des UIS?

Ein UIS stellt die Informationsversorgung innerhalb der FFHS sicher und soll sämtliche internen Prozesse unterstützen. Hierbei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Daten möglichst vollständig an der Stelle erfasst werden, an der sie anfallen. Ebenfalls soll das UIS sämtliche Daten in einer Form aufbereiten und bereitstellen, damit die daran anschliessenden Schritte effizient und effektiv durchgeführt werden können. Die Prozessschritte müssen aufeinander abgestimmt sein, damit keine unnötigen Tätigkeiten erfolgen oder Aufgaben zu einem ungeeigneten Zeitpunkt erledigt werden. Das heisst, dass wir generell die Prozesse der FFHS neu überdenken müssen. Im Prinzip stellt ein ganzheitliches UIS das Rückgrat der FFHS dar, ähnlich wie ein Enterprise Ressource Planning-System in einem Unternehmen. Dies ist eine der herausfordernsten und wichtigsten Aufgaben, der sich die FFHS stellt.


Die Strategie E-Hochschule vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen (Lehre, Forschung, Services). Von welchen Massnahmen erhoffen Sie sich die grösste Sichtbarkeit gegen aussen, d.h. für Studierende?

Es ist meiner Meinung von entscheidender Wichtigkeit, dass die Studierenden in ihrem Studienalltag ein Plus an Komfort und einen Mehrwert spüren. Weniger geht es um einen rein modern wirkenden Anstrich des Studiums als vielmehr darum, ein zeit- und ortsunabhängigeres Studium als bisher zu realisieren. Zum Beispiel können durch adaptiv gestaltete Kurse auf unserer Lernplattform, die sich an das individuelle Vorwissen und die Lernleistungen der Studierenden automatisch anpassen, die Vorbereitungszeiten für die Prüfungen verkürzt werden. Durch Online-Veranstaltungen bzw. E-Prüfungen werden die Reisezeiten verringert. So haben wir sowohl den vorgenannten Komfortanspruch als auch den Zeitoptimierungsaspekt honoriert.

Bedeutet ein Plus an Zeit- und Ortsunabhängigkeit aber nicht auch, dass die Studierenden stärker auf sich alleine gestellt sind?

Besondere Herausforderung im Fernstudium ist es, eine gute Betreuung der Studierenden während der Selbstlernphasen sicherzustellen. Es genügt nicht, hierfür lediglich ein Diskussionsforum aufzuschalten. Besonders wegen der Asynchronität können in den Abendstunden und an den Wochenenden die Antwortzeiten im Forum zu lang dauern. Die hierdurch unterbrochenen Lernaktivitäten wirken demotivierend. Deshalb sollten die FFHS-Kurse zukünftig mit Elementen versehen werden, mit denen die Lernenden sich in solchen Momenten selbst helfen können. Dies kann mit einer ausgefeilten E-Instruktion bzw. E-Moderation in den Kursen erfolgen.


Wie kann man sich das vorstellen?

Beispielsweise stellt das Verfassen einer Master- oder Bachelor-Thesis für viele Studierende eine grosse Herausforderung dar. An Präsenzhochschulen werden die Studierenden in diesen Phasen intensiv betreut. Dies ist im Fernstudium aus räumlichen und zeitlichen Gründen nicht im gleichen Masse möglich. Um das zu kompensieren, wird im Departement Informatik seit zwei Semestern in einem begleitenden Kolloquium zur Master-Thesis Storytelling eingesetzt. In Anlehnung an Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt“ reisen die Studierenden 150 Tage lang durch eine virtuelle Welt, die den Erstellungsprozess ihrer Master-Thesis repräsentiert. An den einzelnen Stationen (bzw. Phasen/Meilensteinen im Erstellungsprozess der Master-Thesis) bearbeiten sie Aufgaben bzw. lösen sie Fragen, die sich typischerweise in diesen Stellen ergeben. Kommen sie dann nicht weiter, erhalten sie vom System Instruktionen bzw. Verweise/Hilfen, um ihr Problem bzw. ihre Aufgabe besser angehen zu können.

Wenn Sie den bisherigen Strategieprozess Revue passieren lassen – Was sind die grössten Hindernisse, auf die Sie gestossen sind?

Die Transformation zur E-Hochschule ist ein sehr komplexes Unterfangen. Im Zuge der Initiierung der Strategieprojekte wurden seinerzeit 16 Teilprojekte ins Leben gerufen. Es sind quasi alle Bereiche der FFHS betroffen, wobei – wie beim Henne-Ei-Problem – vieles sich gegenseitig bedingt und mehr oder weniger stark ineinander greift. Die daraus resultierende Vielzahl von Aufgaben erfordert zudem hohe Personalressourcen, die aufgrund des gleichzeitig starken Wachstums der FFHS nicht immer bereitgestellt werden konnten. Um die Reibungsverluste zukünftig zu verringern, haben wir nun eine Konsolidierung vorgenommen, d.h. die wichtigsten Projekte zusammengefasst, weniger prioritäre Projekte zurückgestellt und einige in die Linienarbeit der entsprechenden Abteilungen überführt.

Wagen wir einen Ausblick: Bis wann wird die FFHS ihre Strategie E-Hochschule umgesetzt haben?

Ich rechne mit einer mittelfristigen Perspektive, zwei bis fünf Jahre. Einige Projekte sind bereits (fast) vollendet. Hier gilt es, die Ergebnisse in den Departementen zu etablieren und im Regelbetrieb einzusetzen. Bei den anderen Projekten stehen wir noch vor einigen Herausforderungen. Ich denke, wir sollten die Ergebnisse gründlich erarbeiten und Stück für Stück nach reichhaltiger Überlegung in den Schulbetrieb implementieren. So wandelt sich die FFHS zwar nicht im Eiltempo, aber dafür nachhaltig und gesund zu einer E-Hochschule. Dies ist für eine Institution wie unserer, die sich mitten in einem Changeprozess befindet, von entscheidender Wichtigkeit. Ich denke, dass wir uns auf einem guten Weg dahin befinden und freue mich, als Gesamtprojektleiter die FFHS hierbei unterstützen und begleiten zu können.