13.10.2017

«Die FFHS ist für uns ein Perfect Match»

Seit bald 20 Jahren forscht die FFHS im Bereich technologiebasiertes Lernen und zählt mit dem Institut für Fernstudien- und eLearningforschung (IFeL) in Brig zu einem ausgewählten nationalen und internationalen Netzwerk von E-Learning-Forschenden. Nun werden diese Forschungsleistungen mit einem UNESCO-Lehrstuhl für „Personalised and adaptive Distance Education“ gewürdigt.

Prof. Balfour, was bedeutet der NWU die Zusammenarbeit mit der FFHS?

Bereits seit mehreren Jahren arbeiten wir mit verschiedenen Universitäten in Europa, den USA, Kanada aber auch in Indien und Australien zusammen. Alle fokussieren bei ihrer Forschung auf neue Technologien und die ICT. Die Zusammenarbeit mit der FFHS ist für uns ein Glückstreffer, ein «perfect match». Unsere jeweiligen Kompetenzen ergänzen sich ideal. Während die FFHS stark auf die Entwicklung und Umsetzung neuer Lerntechnologien setzt, interessiert uns die Nutzersicht. Wie gehen Lernende und Lehrende mit Technologien um und wie können wir ihre Lern- und Lehrerfahrungen dabei verbessern?

Welche Forschungsprojekte beschäftigen Sie und die FFHS aktuell?

Gegenwärtig eruieren wir zusammen die Rahmenbedingungen, um an der NWU moderne adaptive Lernsysteme zu entwickeln und zu implementieren. Dabei gewinnen wir auch spannende Erkenntnisse über interkulturelle Unterschiede zwischen Südafrika und der Schweiz. Weiter entwickeln wir Messinstrumente, mit denen Verhalten und Emotionen während des Lernens in adaptiven Lernsystemen gemessen werden können. Uns interessiert, wie mit Technologien eff izientes Lernen gefördert werden kann. Schliesslich vergleichen wir preisgünstige Geräte zur Messung von Augenbewegungen (eye tracker) und Software zur Erkennung von Emotionen im Gesichtsausdruck mit hochpreisigen Produkten. Wir wollen herausfi nden, ob man die günstigeren Alternativen in Feldstudien und in adaptiven Lernsystemen einsetzen kann.

Welche Rolle spielt der UNESCO-Lehrstuhl der FFHS für Ihre Forschungstätigkeit?

Unsere bisherige Partnerschaft mit der FFHS erfährt sicherlich eine Stärkung, auch wenn der Lehrstuhl auf die unmittelbare Zusammenarbeit keinen Einfl uss hat. Vielmehr ermöglicht er uns Zugang zu einem Kompetenznetzwerk, wovon wir ebenfalls ein Teil sein wollen.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Fakultät in Bezug auf die Bildungslandschaft in Südafrika?

Unser Fokus liegt ganz klar auf dem Machen: zusammenarbeiten, inspirieren und fördern. Als zweitgrösste Fakultät im Bildungsbereich in Südafrika mit rund 22'000 Studierenden tragen wir eine grosse Verantwortung für die Zukunft der Lehrerausbildung. Eine positive Einstellung aller gegenüber dem lebenslangen Lernen ist dabei immens wichtig. Sie ist die Voraussetzung für Veränderungen.

Sie sind promovierter Linguist. Weshalb haben Sie sich dem eLearning verschrieben?

In Südafrika hatten wir mit all den typischen Problemen von Entwicklungsländern zu kämpfen: Hohe Bevölkerungszahlen, hohe Arbeitslosigkeit, viele junge Leute und daher ein grosser Bedarf an Bildung. E-Technologie bietet das nötige Rüstzeug, um mit diesen Herausforderungen umzugehen.

Notwendige Reformen und Herausforderungen seit der Apartheid
Bis zu den ersten freien, demokratisch abgehaltenen Wahlen 1994 war das südafrikanische Bildungssystem rassengetrennt. Die finanziellen Mittel der Regierung kamen hauptsächlich der weissen Bevölkerung zugute. Dies änderte sich mit dem Wahlsieg des ANC, dem African National Congress, woraus Nelson Mandela als erster schwarzer Präsident Südafrikas hervorging. 

Laut Prof. Balfour wurden bis heute insgesamt fünf Lehrplanreformen durchgeführt. Sie alle hatten das Ziel, das System gerechter und für alle zugänglich zu machen. Wie Balfour erläutert, wurde die Ausbildung der Lehrpersonen vereinheitlicht und an die neuen Lehrpläne angepasst. Die Neuerungen zielten jedoch laut Balfour mehr auf Restrukturierungsmassnahmen, denn auf notwendige Verbesserungen bei der Lehre. 

Auf den ersten Blick waren die Reformen erfolgreich: Derzeit studieren über eine Million Menschen an 26 südafrikanischen Hochschulen. Allerdings schliesst jeder Vierte sein Studium nicht ab. Diejenigen, die es doch erfolgreich durchlaufen, benötigen laut Balfour zwei bis drei Jahre länger als vorgesehen. Dies macht das System teuer und wenig effizient. Südafrika ist mit rund 49 Millionen Einwohnern und einer hohen Geburtenrate zudem eine sehr junge Gesellschaft. Während die obligatorische Schule reformiert und die Hochschullandschaft strukturiert und vereinheitlicht wurden, hinken Berufsschulen und Gymnasien gemäss Balfour noch hinterher. Diese haben Mühe, die benötigten Fachkräfte für die Bedürfnisse der Wirtschaft auszubilden oder die jungen Erwachsenen auf ein Hochschulstudium vorzubereiten. 

Eine weitere Herausforderung ist es, auch die elf Amtssprachen und regional gesprochenen afrikanischen Sprachen als Unterrichtssprachen auf allen Bildungsstufen zu etablieren.

(LINK CLOUD MUSS NOCH EINGEFÜGT WERDEN)