David Biner 12/07/2021

Auf dem zweiten Bildungsweg zum Doktortitel

Boris Miethlich wollte den Doktortitel, unbedingt. Jetzt hat er ihn. Dafür brauchte er einen eisernen Willen. Und die FFHS als Wegbereiterin.

Boris Miethlich wirkt etwas klein vor dem klobigen Marmorgebäude. Aber der erste Eindruck des Fotos, das uns der Glarner stolz zeigt, täuscht. Denn er steht zuoberst auf der Treppe, hier an der Fakultät für Management an der Comenius Universität in Bratislava. Boris Miethlich hat endlich sein Ziel erreicht, er ist Doktor der Philosophie in Betriebswirtschaft. Boris Miethlich, PhD.

Keine Antwort von Schweizer Unis

Der Weg dorthin war lange, sehr lange. Und der heute 38-Jährige hätte zig Gründe gehabt hinzuschmeissen, mehr noch: Ginge es nach dem hiesigen Bildungssystem hätte er eigentlich gar nie auf die Idee kommen sollen, den Doktor zu machen, er, der gelernte Informatiker. Aber er wollte es, weil er Spass am Forschen hat, als Hobby quasi. Und klar, «auch, weil sich ein Doktortitel gut macht», schmunzelt er. Boris Miethlich wollte es unbedingt. Und er hat es durchgezogen – allen Widrigkeiten zum Trotz.

Wer doktorieren will, geht meistens den klassischen Weg. Auch der ist nicht einfach, aber ziemlich klar vorgezeichnet. Master an einer Uni, bei einem Professor andocken, Mitarbeit am Lehrstuhl, die Lehre betreuen, immerhin kriegt man hierfür einen Lohn. Nach ein paar Jahren schliesst man die Promotion ab und veröffentlicht die Dissertation.

Boris Miethlich hatte sich in der Schweiz nach einer Betreuungsperson und einer Zulassung umgeschaut. Aber es kam nie dazu. Auf viele Anfragen habe er nicht einmal eine Antwort bekommen. Das liege wohl daran, dass er eben «nur» eine Fachhochschule absolviert habe, mutmasst der FFHS-Absolvent ohne Groll. Dabei spiele eine gewisse elitäre und stark hierarchisch geprägte Haltung an den Unis mitunter auch eine Rolle, glaubt er. Boris Miethlich wurde dann fündig an der Comenius Universität in Bratislava. Das Verfahren sei dort vergleichsweise unkompliziert gewesen, die Zulassungsprüfung hat er auf Anhieb geschafft.

Paradebeispiel für Lifelong Learning

In seiner Doktorarbeit beschäftigte sich dann Boris Miethlich mit dem Thema der beruflichen Wiedereingliederung von Menschen mit Beeinträchtigungen und welche betriebswirtschaftlichen Einflüsse diese auf kleinere und mittlere Unternehmen haben kann. Er zeigte dabei auf, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Implementierungsgrad des sozialverantwortlichen Handelns, der Maturität der Unternehmenskultur sowie dem daraus resultierenden Beitrag zum Unternehmenserfolg besteht. Ein Thema, das er auch aus der Praxis bestens kennt. Boris Miethlich arbeitet schon seit einigen Jahren bei der IV-Stelle des Kantons Glarus. Die Berufslehre hatte er als Informatiker gemacht, dann die Technikerschule im gleichen Bereich. Miethlich ist ein Paradebeispiel dafür, dass man nie ausgelernt hat. Lifelong learning ist für ihn nicht nur ein Begriff, er lebt ihn.

FFHS hat es möglich gemacht

Auf diesem Weg spielte die FFHS eine wichtige Rolle. Für Boris Miethlich ist sie die Verbindung zwischen der Berufswelt und der akademischen Welt. Sie machte für ihn den Doktortitel über den zweiten Bildungsweg überhaupt erst möglich. Im Gegensatz zu anderen Fachhochschulen hätte ihn die FFHS damals nach der abgeschlossenen Technikerschule «mit offenen Armen» empfangen. Dank der Passarelle konnte er den Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen absolvieren. Es folgte der Master in Business Administration. Die Ausbildung an der FFHS habe ihm das nötige Rüstzeug mitgegeben, um die Promotion dann später erfolgreich zu bestehen. «Ich möchte jetzt nicht arrogant klingen», sagt Boris Miethlich, «aber gegenüber den anderen Doktoranden brauchte ich mich nicht zu verstecken». Die FFHS hat Boris Miethlich nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Selbstbewusstsein. Er selbst wünscht sich, dass die Schweizer Bildungslandschaft noch viel durchlässiger gestaltet wird. «Ansonsten geht in diesem eher starren System doch sehr viel Potential verloren.»

««Gegenüber den anderen Doktoranden brauchte ich mich nicht zu verstecken»»

Und jetzt, was macht man eigentlich als PhD? Er werde wohl ein Sachbuch schreiben zu seinem Doktor-Thema und schauen, dass er noch den einen oder anderen Fachartikel publizieren kann. Seine Ergebnisse finden Anklang sowohl in der Wissenschaft wie auch in der Wirtschaft, freut sich Boris Miethlich. Dann werde er aber wohl eine kleine Pause einlegen in Sachen Weiterbildung. In den vergangenen Jahren hat er fortwährend berufsbegleitend studiert. Natürlich gehe das auch an die Substanz und er sei froh, dass ihn sein Umfeld dermassen gut unterstützt habe. «Ich werde über kurz oder lang wohl nicht drum herumkommen, mir ein anderes Hobby zu suchen», lacht Boris Miethlich, oder besser: Dr. Boris Miethlich.

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