Natascha Ritz 10/09/2020

Der E-Learning-Boost

Durch Corona hat E-Learning einen Riesenschritt gemacht. Nun gehe es darum, die gemachten Erfahrungen zu konsolidieren, sagt Markus Dormann, Professor für E-Didaktik an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS).

Das Tempo, in dem sich Schulen und Universitäten während des Lockdowns mit Lösungen für die digitale Wissensvermittlung auseinandersetzen mussten, war enorm hoch. «Von heute auf morgen den Unterricht komplett online anzubieten und so abzuwickeln, dass sich alle sicher fühlen, war auch für die FFHS als Fernstudieninstitution eine grosse Herausforderung», sagt Markus Dormann, Professor für E-Didaktik an der Fernfachhochschule Schweiz, rückblickend. Er hat mit seinem Team über 400 Dozierende an der FFHS für den Live-Onlineunterricht fit gemacht, indem er sie didaktisch schulte und den technischen Support sicherstellte. Während der Krise häuften sich bei ihm auch Anfragen von anderen Bildungsanbietern.

Dozierende werden zu Lerncoachs

Selbst für digital affine Dozierende bedeutet das Unterrichten via Onlinemeeting-Tools eine herausfordernde Umstellung. Um den Unterricht aus der Ferne erfolgreich durchzuführen, genügt es nicht, einfach Onlinemeetings abzuhalten und die gewohnte Präsenz in den digitalen Raum zu verlegen. «Eine gründliche didaktische Planung ist noch elementarer als im Präsenzunterricht », so der E-Learning-Experte. Das Lernziel der Onlineveranstaltung müsse genau definiert und die Vor- und Nachbereitung darauf abgestimmt werden. Hierfür empfiehlt der E-Didaktiker das Prinzip der «Flipped Classrooms».

Statt wie traditionell den Stoff im Unterricht zu vermitteln und anschliessend mit Hausaufgaben zu üben, dreht die Methode des «Flipped Classrooms» die Wissensvermittlung und -anwendung um. Auf dem Lernmanagementsystem können Studierende die Inhalte zu Hause selbstständig erarbeiten und dann im gemeinsamen Onlineunterricht vertiefen. Folglich werden Dozierende von reinen Wissensvermittlern zu Lerncoachs. Diesen Rollenwechsel zu vollziehen, sei für viele Lehrpersonen noch schwierig, stellt Markus Dormann fest: «Im Lockdown herrschte vielerorts Learning by Doing.» Umso wichtiger sei es gewesen, den Erfahrungsaustausch sicherzustellen. In einer Webinarreihe zu Onlineunterricht und Onlineprüfungen teilte er sein Know-how mit anderen Bildungsinstitutionen.

KI in Onlineprüfungen

Ein dringendes Anliegen war die Suche nach einer Alternative für die Vor-Ort-Prüfungen, die aufgrund der Schutzbestimmungen organisatorisch schwierig zu bewältigen waren. «Unser Webinar über Onlineprüfungen wurde von mehreren hundert Personen aus dem Eduhub-Netzwerk, der Schweizer E-Learning Community, sowie dem Bereich DACH besucht», sagt Markus Dormann. Dabei beschäftigte die Teilnehmenden vor allem die Frage, wie Onlineprüfungen so zu konzipieren und durchzuführen sind, dass sie keinen Betrug ermöglichen.

An der FFHS wurden in der vergangenen Prüfungssession 4500 Prüfungen von den Studierenden zu Hause abgelegt. Dabei gab es viele technische Hürden zu meistern. Soll die Prüfung auf den eigenen Geräten (BYOD, bring your own device) durchgeführt werden, müssen die Systemvoraussetzungen wie eine stabile Internetverbindung genauestens abgeklärt werden. «Um Betrug vorzubeugen, mussten die Studierenden ihre Webcam während der gesamten Dauer aktivieren und das Video am Schluss hochladen», erzählt Markus Dormann. Die aufwendige Durchsicht der Videos sei einer der Nachteile.

Potenzial sieht Dormann in Zukunft im Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI), für die er ein neues Forschungsprojekt lanciert hat. «Das Ziel ist es, ein Prüfungssystem zu entwickeln, das mittels KI noch benutzerfreundlicher wird sowie Betrug verunmöglicht beziehungsweise aufdeckt», sagt Dormann.