17.09.2019

Abschlussarbeit Leadership

Die Bachelor-Thesis ist der krönende Abschluss des Studiums. Da sie selbst bald in einer Führungsposition tätig sein wird, nutzte Jasmin Franzen die Arbeit, um zu erforschen, was eine erfolgreiche Führungsperson ausmacht. Auf ihrem Weg zur fertigen Arbeit galt es zahlreiche Höhen und Tiefen zu überwinden. Jasmin Franzen berichtet über ihre persönliche Erfahrung.

Was macht eine erfolgreiche Führungsperson aus? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft bereits seit über hundert Jahren. Als künftige Leiterin des Leistungseinkaufs Zusatzversicherungen bei der Helsana wird sich auch mir diese Frage stellen. In meinem Studium der Betriebsökonomie haben wir uns mit dem Thema befasst und dabei gelernt, dass die zurzeit am besten untersuchte Führungstheorie die der transformationalen Führung nach Bernard M. Bass ist. Dabei setzen sich führende Personen glaubwürdig für die Werte und Ziele ihrer Organisation ein und werden von ihren Mitarbeitern als Vorbild wahrgenommen. Implizit wird angenommen, dass transformationale Führung immer auf einem moralischen Fundament basiert. 

Doch stimmt diese Annahme? Besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Moral und transformationaler Führung beziehungsweise Führungserfolg? Im Rahmen des wissenschaftlichen Praxisprojektes untersuchten wir den Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und moralischer Intelligenz nach Kiel und Lennik. Ich persönlich konnte mich mit dem Ansatz der beiden nicht anfreunden, weil die Theorie mir zu wenig fundiert erschien und bisher wissenschaftlich zu wenig untersucht wurde. An der Thematik war ich jedoch nach wie vor interessiert. Die Bachelor-Thesis war für mich die ideale Chance, mich vertieft mit der Frage zu befassen – allerdings auf der Grundlage einer anderen Theorie. 

Anstelle der moralischen Intelligenz stützte ich mich auf die moralische Urteilsfähigkeit nach Lawrence Kohlberg. Mein Ziel war es herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen moralischer Urteilsfähigkeit und transformationaler Führung besteht. Ich ging davon aus, dass je ausgeprägter die moralische Urteilsfähigkeit einer Führungsperson ist, desto häufiger setzt sie transformationales Führungsverhalten ein und desto grösser werden ihre Führungserfolge durch die Mitarbeitenden bewertet. Dazu begann ich, mich vertieft in die Theorien rund um die moralischen Komponenten wie Urteilsfähigkeit, Kompetenz oder Orientierung einzulesen. Da es viele verschiedene Ansätze und Messmethoden gibt, war dieser Arbeitsschritt besonders aufwändig. 

Nach langer Recherche entschied ich mich schlussendlich für das Modell nach Lawrence Kohlberg. Für die Online-Befragung setzte ich zwei validierte Messinstrumente ein. Die Führungspersonen füllten den Defining Issues Test zur Erfassung ihrer moralischen Urteilsfähigkeit aus. Die Mitarbeitenden beurteilten das Führungsverhalten und den Führungserfolg ihrer Vorgesetzten anhand eines weiteren Fragebogens, dem Multifactor Leadership Questionnaire. Insgesamt nahmen rund 189 Mitarbeitende und 37 Führungskräfte an meiner Befragung teil. Für die Auswertung hatte ich letzten Endes 30 vollständige Datensätze, bestehend aus der Rückmeldung des Teams und der Führungsperson. Allesamt stammten sie von drei Schweizer Versicherungsunternehmen. 

Doch kaum hatte ich die Daten gesammelt und genauer betrachtet, stellte sich mir die nächste Herausforderung. Die Reliabilität des Defining Issues Test Score erreichte nicht die geforderten Qualitätskriterien. Glücklicherweise konnte ich auf gute Unterstützung seitens der FFHS zählen. Gemeinsam mit meiner Dozentin Dr. Stadelmann und der zusätzlichen Hilfe von Dr. Oliva konnte ich mit erweiterten statistischen Verfahren einen Score mit einer ausreichenden Zuverlässigkeit berechnen und damit die weiteren Auswertungen durchführen. 

Bei der Auswertung zeigte sich jedoch kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Moral und dem Führungserfolg. Dies war nicht weiter überraschend, da sich meine Stichprobe trotz fast 200 Teilnehmenden auf nur dreissig Datensätze beschränkte. Dennoch habe ich während meiner Bachelor-Thesis viel gelernt. Die intensive Auseinandersetzung mit den moralischen Aspekten guter Führung hat mir aufgezeigt, dass transformationale Führung nicht per se auf einem moralischen Fundament beruht. Als Folge bedeutet dies, dass Führung ohne moralische Legitimation trotzdem erfolgreich sein kann. In diesem Fall führt sie jedoch häufig zu Machtmissbrauch und negativen Folgen für die Mitarbeiter und das Unternehmen. 

Diese Erkenntnisse haben auch mein persönliches Führungsverständnis beeinflusst. In meinem Berufsalltag nutze ich verschiedene Möglichkeiten, mein Verhalten und die zugrunde liegenden Werte zu reflektieren. Mein Ziel wird es sein, mit den Mitarbeitenden unsere unterschiedlichen Werthaltungen zu diskutieren, um eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit zu schaffen.

Jasmin Franzen verfasste ihre Bachelor- Thesis zum Thema «Moralische Urteilsfähigkeit, transformationale Führung und Führungserfolg » im Studiengang BSc Betriebsökonomie im Herbstsemester 2017/18.

Von: Jasmin Franzen