11.08.2023

Sonja Kahlmeier an WHO-Konferenz

Prof. Dr. Sonja Kahlmeier, Departementsleiterin Gesundheit der FFHS, präsentierte in einem Workshop im Rahmen der «Seventh Ministerial Conference on Environment and Health» der WHO am 5. Juli 2023 die Erweiterung des Health Economic Assessment Tools (HEAT) auf E-Biking.

Kahlmeier stellte in diesem Workshop, der vom «Transport, Health and Environment Pan-European Programme (THE PEP)» organisiert wurde, die Einführung eines neuen Moduls betreffend E-Bike des Health Economic Assessment Tool (HEAT) für das Zufussgehen und Velofahren vor, das die Bewertung der Gesundheitseffekte durch E-Biking erlaubt. «Dabei handelt es sich um eine neue Funktionalität dieses Tools, das schon seit 15 Jahren besteht und laufend weiterentwickelt wird. Es erlaubt nun auch den gesundheitsökonomischen Wert der Fortbewegungsart mit E-Bikes in einem Geldwert auszudrücken», fasst Kahlmeier zusammen. Bisher wurde das Berechnungs-Tool zur Erhebung des gesundheitlichen Nutzens von regelmässigem Zufussgehen oder Velofahren genutzt.

Prävention durch aktive Mobilität fördern

Aktive Mobilität kann nichtübertragbaren Krankheiten vorbeugen, die mehr als 70 Prozent aller Todesfälle in der paneuropäischen Region ausmachen. Es ist erwiesen, dass die Verlagerung von kurzen Autofahrten – verantwortlich für 40 Prozent der Treibhausgasemissionen – auf aktive Mobilität die Emissionen erheblich reduziert und die tägliche körperliche Aktivität fördert.

Der Workshop ging unter anderem auf die Frage ein, was Länder erreichen können, wenn sie zusammenarbeiten und wie nachhaltige und gesunde Mobilität auf nationaler und lokaler Ebene gefördert werden sollte.

Entsprechend wurde die Bedeutung von Sicherheitsfragen als Hauptvoraussetzung für die Förderung aktiver Mobilität hervorgehoben und veranschaulicht, wie die THE-PEP-Partnerschaften für aktive sowie für kinder- und jugendfreundliche Mobilität dazu beitragen, den Übergang zu einer gesunden, sauberen sowie nachhaltigen Mobilität in der paneuropäischen Region der WHO zu beschleunigen.

Was ist das Health Economic Assessment Tool HEAT?

HEAT wurde entwickelt, um Nutzenden ohne Fachkenntnisse in der Gesundheitsfolgenabschätzung die Möglichkeit zu geben, eine ökonomische Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen des Zufussgehens oder Velofahrens durchzuführen. Das Tool schätzt den Wert der verringerten Sterblichkeit, die sich aufgrund eines bestimmten Masses an Fuss- oder Veloverkehr ergibt. Oder anders formuliert, berechnet HEAT den volkswirtschaftlichen ökonomischen Nutzen, wenn eine bestimmte Anzahl von Personen regelmässig eine Strecke zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurücklegt.

«Es ist ein äusserst spannendes, aber auch anspruchsvolles Projekt, weil man oft Annahmen treffen muss. Das Ziel des Tools sollte ja sein, dass es möglichst einfach anwendbar ist», erläutert Kahlmeier. Es gibt nicht für alle konkreten Fälle Daten und so müssen expertenbasierte Erfahrungswerte eingespiesen werden.

Das Instrument stützt sich auf die besten verfügbaren Erkenntnisse und transparente Annahmen. Es ist für eine Vielzahl von Fachleuten auf nationaler und lokaler Ebene nutzbar. Dazu gehören in erster Linie Verkehrsplanerinnen und -planer, Verkehrsingenieurinnen und -ingenieure sowie spezielle Interessengruppen, die sich mit Verkehr, Fuss- und Veloverkehr öffentlicher Gesundheit oder Umwelt generell beschäftigen.

Wertvolle Teilnahme an gewichtiger WHO-Konferenz

Auf der hochkarätig besetzten Teilnehmendenliste der «Seventh Ministerial Conference on Environment and Health» standen Vertreterinnen und Vertreter aller 53 europäischen Mitgliedsstaaten der WHO – so auch der Bundesämter für Umwelt (BAFU) und Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL). Als ehemalige Mitarbeiterin der WHO betreut Prof. Dr. Kahlmeier das HEAT-Projekt von Anfang an. Auch nach ihrem Weggang von der WHO koordinierte sie das Projekt als WHO-Consultant weiter und ist nach wie vor an deren Fortführung beteiligt: «Ich bin aber nicht allein – das ist mir wichtig, zu sagen – es ist ein Team von inzwischen über 100 Expertinnen und Experten, die bei den regelmässigen Weiterentwicklungen und Updates ihren Beitrag geleistet haben», sagt sie. Natürlich ist es eine Ehre, im Rahmen einer solch grossen und wichtigen Konferenz, die nur alle fünf Jahre stattfindet, eingeladen zu sein und dieses wichtige Dienstleistungs- und Forschungsprojekt präsentieren zu können.

Kahlmeier ist denn auch sehr zufrieden mit ihrer Teilnahme und resümiert: «Die Präsentation war gut besucht und ich habe viel positives Feedback erhalten. Meine Präsenz hat erlaubt, das Tool noch weiter zu verbreiten und neuen Nutzenden zugänglich zu machen. Es haben sich vielfältige neue Kontakt ergeben, und bestehende Kontakte mit Verkehrsplanerinnen und Umwelt- oder Gesundheitsexperten konnten vertieft werden. Zudem hat mich auch die Ernsthaftigkeit der Verhandlungen des Schlussdokuments der Konferenz – der «Declaration» – zum Thema «Accelerating action for healthier people, a thriving planet, a sustainable future» beeindruckt: es wurde bis fast zur letzten Minute um Formulierungen gerungen und die Verhandlungen konnten erst kurz vor der Verabschiedung abgeschlossen werden. Solche Dokumente werden von den Regierungen der Mitgliedsländer der WHO also durchaus ernst genommen».

Prof. Dr. habil. Sonja Kahlmeier ist seit November 2018 an der FFHS, wo sie sowohl das Departement Gesundheit als auch die dortige Forschung leitet. Neben allgemeinen Public Health Themen und der Lehre ist ihr Schwerpunkt der Themenbereich Bewegung und Gesundheit, wobei sie sich mit Policies und Strategien zur Bewegungsförderung, mit transportbezogenen und ökonomischen Ansätzen beschäftigt. Vor der FFHS war sie am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI, ehemals ISPM) der Universität Zürich, und in der Abteilung für Nichtübertragbare Krankheiten und Umwelt des Europäischen Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation WHO tätig, wo sie für dieselben Themen zuständig war. Während über 10 Jahren koordinierte sie auch das Europäische Netzwerk für die Förderung gesundheitswirksamer Bewegung (HEPA Europe), dessen Aufbau sie ab 2005 bei der WHO geleitet hat. Sie hat zudem die Entwicklung der Europäischen Strategie für Bewegung und Gesundheit unterstützt und viele oft zitierte Publikationen zur Bewegungsförderung verfasst.

Prof. Dr. habil. Sonja Kahlmeier hat einen Master in Umweltnaturwissenschaften der ETH Zürich, ein Doktorat in Epidemiologie der Universität Basel, eine Habilitation in Öffentlicher Gesundheit der Universität Zürich und eine Professur der SUPSI.