«Hauptsache Meer, wann und wo ist zweitrangig»
Victoria Mirata ist Fachbereichsleiterin Wirtschaftsforschung an der FFHS. Aktuell ist sie an ihrer Promotion im Bereich Implementierung, arbeitet an Delphi-Studien und ist begeisterte Forscherin am IFeL. Im Interview sinniert sie über Faszinationen, das Forscherinnen-Sein, Feuer auf dem Mond – und viel Meer.

Im Interview hat Victoria Mirata verraten, wieso sie leidenschaftlich gerne Kinderbücher liest, mit wem sie jederzeit einen Kaffee trinken würde und wo ihre Lieblingsreiseort liegt – am Meer.
Victoria, seit wann bist du an der FFHS und was ist deine Haupttätigkeit?
Seit 2014, und ich forsche am Institut für Fernstudien- und eLearningforschung (IFeL) im Bereich technologiebasiertes Lernen. Konkret bin ich vor allem auf die Durchführung von Delphi-Studien spezialisiert – eine Forschungsmethode, die Expertenmeinungen in mehreren Befragungsrunden systematisch sammelt, und bewertet, um konsensbasierte Prognosen oder Lösungen zu komplexen Problemen zu entwickeln. Vor acht Jahren hatten wir damit etwa eruiert, wie wir am IFeL adaptives Lernen bestmöglich integrieren könnten. Seitdem haben wir einige spannende internationale «Delphis» zum technologiebasierten Lernen im Rahmen unseres UNESCO-Lehrstuhls durchgeführt. Aktuell sind wir daran, herauszufinden, wie aktuelle Trends unser aktuelles Blended-Learning-Modell beeinflussen und wie kann es dabei nachhaltig weiterentwickelt werden.
Was treibt dich als Forscherin grundsätzlich an?
Sicherlich mein Wissensdurst und meine unnachgiebige Art, wenn ich etwas herausfinden will. Ich bin neugierig und möchte mich fachlich als Forscherin und persönlich stets weiterentwickeln. Seit einiger Zeit befasse ich mich mit dem Thema Implementation und promoviere nun auf diesem Gebiet der «Implementation Science» an einer holländischen Uni.
Was versteht man unter Implementation und was fasziniert dich daran besonders?
Klar, alle Welt «implementiert» irgendetwas irgendwohin. (lacht) Die Implementation Science ist ein neues wissenschaftliches Gebiet, das sich mit der Frage beschäftigt, wie evidenzbasierte (Bildungs-)innovationen und Forschungsergebnisse in die Praxis überführt werden können. Welche kontextuellen Faktoren beeinflussen den Erfolg oder Misserfolg bei der Umsetzung eines Forschungsergebnisses in die Praxis? Und welches sind die wirksamen Strategien? Das sind etwa typische Fragestellungen aus diesem Forschungsgebiet. In der Bildungsforschung weiss man, dass nur etwa ein Drittel der Forschungserkenntnisse in die Praxis erfolgreich implementiert wird. Eine überraschende Zahl, nicht? Ich will einen aktiven Beitrag dazu leisten, die Lücke zwischen Forschung und Praxis etwas zu schliessen.
Was macht die FFHS für dich attraktiv?
Zunächst die Tätigkeit an sich, ich liebe meine Arbeit als Forscherin – und die Freiheit, eigene Ideen zu verfolgen. An der FFHS haben wir sehr viel Freiraum, um Themen und Projekte zu entwickeln. Forschung sollte immer mit Freiheiten ausgestattet sein. Zudem haben wir ein grossartiges Umfeld; meine Kollegen, unser Vorgesetzter, sowie die gegenseitige Respekt- und Vertrauensbasis sind äusserst wertvoll. Was ich tue, macht mir wirklich Spass.
Hattest du immer schon eine akademische Karriere angestrebt?
Nicht bewusst. Ich war aber zum Ende meines Studiums in Frankfurt an der Uni am Institut für Psychologie in der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie als wissenschaftliche Hilfsassistentin für Forschungsprojekte angestellt. Die Forschung hat mich seit jeher fasziniert. Dennoch habe ich ein paar Praktika gemacht – im Bereich Human Resources. Dass ich in der Forschung geblieben bin, war kein geplanter Weg – aber ein stimmiger. Und wer weiss, wohin er mich noch führt? (lacht) Ich höre stets darauf, was sich richtig anfühlt.
Demnach hat dich auch dein Gefühl ins Wallis geführt oder wie war das?
Nun, ich stamme ursprünglich aus Belarus, wo ich in einem Städtchen, etwa so gross wie Visp, aufgewachsen bin. Zunächst wollte ich bloss einen Sprachaufenthalt in Deutschland machen, hatte dann aber die Möglichkeit, das gesamte Studium dort zu absolvieren. Fremdsprachen haben mich schon immer begeistert. In Frankfurt hatte ich dann auch meinen Mann kennengelernt, der aus dem Kanton Freiburg kommt. Er arbeitet in der Pharma-Industrie, weswegen wir nach Visp gezogen sind und dort mit unserer Tochter leben.
Hast du ein besonderes Talent, etwas das niemand kann?
Naja, kein besonderes Talent. Ich befasse mich gerne mit Kinder- und Jugendliteratur. Ich beobachte, was dazu im deutschsprachigen Raum läuft, lese Fachartikel darüber und folge einigen Forschungsinstituten dazu. Für mich sind vor allem Bilderbücher eine eigene Kunstgattung. Ich habe vor ein paar Jahren mit meiner eigenen, aber nicht bebilderten Geschichte an einem Wettbewerb teilgenommen – zwar nicht gewonnen, aber mir geht es um den Spass an der Sache.
Was wolltest du als Kind einmal werden?
Ganz einfach Lehrerin – keine Kosmonautin, nichts Ausgefallenes. Passt bis heute: ich forsche im Bildungsbereich, interessiere mich privat für Kinderliteratur und bin ja nicht zuletzt auch zu einem Teil als Dozentin tätig.
Welche drei Dinge würdest du auf eine Reise zum Mond mitnehmen?
Meine Familie, Freunde, Katze sowie Tee und Feuer. Nun, das sind jetzt mehr als 3 Dinge, aber etwas, mit dem ich Feuer machen kann, brauche ich halt, um dann nett Tee zu trinken – so am Lagerfeuer mit Freunden und Familie … und Katze.
Und wie funktioniert dein Feuer auf dem Mond?
Oh nein. (lacht) Vielleicht in irgendwelchen Rohren oder unter einer Kuppel, die auch eine Sauerstoffzufuhr und Rauchabzug haben, oder so. Keine Ahnung.
Mit welcher historischen Persönlichkeit oder Promi würdest du gerne mal einen Kaffee trinken, und wo?
Mit Noam Chomsky, einem der bekanntesten Linguisten der Welt. Er ist emerierter Professor des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und mittlerweile 96 Jahre alt, ist auch ein politischer Aktivist. Ich würde mit ihm gerne über linguistische Modelle aber auch die ganze Weltordnung und politische Ansichten reden – und zwar mit Kaffee in Brasilien, wo er heute mit seiner Frau lebt, oder in Babrujsk, Belarus, woher er mütterlicherseits stammt.
Welche Farbe würde dich am besten charakterisieren?
Türkis – die Farbe des Meeres. Ich liebe es und gehe mindestens einmal pro Jahr ans Meer. Das ist ein absolutes Muss. Ich war 2025 schon anfangs Januar in Sizilien am Meer – Hauptsache Meer, wann und wo ist zweitrangig. Meine Lieblingsregion ist Apulien in Italien.
Wenn du nur noch einen Musiker bis zum Lebensende hören dürftest, welcher wäre das?
Hans Zimmer. Ich bin grosser Science-Fiction-Fan, und er ist ja einer der bekanntesten Filmkomponisten unserer Zeit. Er kommt für Konzerte nach Zürich Ende dieses Jahres – muss unbedingt nachher Tickets kaufen, danke für den Reminder.