Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz
Gesundheitsmanagement. Nur gesunde und motivierte Mitarbeitende sind leistungsfähig. Diese Binsenweisheit wurde in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt. Es gibt sogar Studien, die ein Return on Investment berechnet haben. Also eine Win-win-Situation für Mitarbeitende und das Unternehmen.
Der demographische Wandel und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen zunehmend den Druck auf die Unternehmen in die Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu investieren. Dennoch steckt die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz in vielen Schweizer Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Die Gründe hierfür sind so vielfältig wie die Unternehmen selber.
BGM – die wichtigsten Erfolgsfaktoren
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist ein umfassendes Konzept, in dem sowohl die Arbeitsbedingungen als auch das individuelle Gesundheitsverhalten berücksichtigt werden müssen, mit dem Ziel Krankheiten vorzubeugen und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern. Möchte ein Unternehmen das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement angehen, sind folgende Schritte empfehlenswert.
1. Sensibilisierung
Am Anfang steht die Frage, ob man sichim Klaren ist, was BGM überhaupt ist. Nicht selten wird das komplexe Thema mit einem «Apfeltag» pro Monat verwechselt oder gar gleichgesetzt. Bevor weitere Schritte eingeleitet werden, müssen die folgenden Fragen geklärt werden: Was ist BGM? Was bringt das unserem Unternehmen überhaupt? Haben wir Belastungsfaktoren, die minimiert werden sollen? Wo sind unsere Stärken? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, lohnt es sich, einen Schritt weiter zu gehen.
2. Standortbestimmung
Wo steht unser Unternehmen? Welche Belastungen haben wir genau? Welche Ressourcen sind vorhanden und könnten gestärkt werden? Welche Zahlen sind schon vorhanden und könnten für das Thema BGM von Nutzen sein? Haben wir schon eine Mitarbeiterbefragung gemacht? Absenzdaten, Unfallstatistiken (inklusive Beinaheunfälle) sowie Prozesse im Unternehmen, Strukturen usw. müssen in diesem Schritt analysiert werden. Nachdem man sich ein Bild über die aktuelle Situation gemacht hat, ist man für den nächsten Schritt bereit.
3. Konzept
Betriebliche Gesundheitsförderung kann nur dann nachhaltig in einem Unternehmen verankert werden, wenn dafür ein Konzept, welches durch die Geschäftsleitung abgesegnet wird, erstellt wird. Das Thema ist als Projekt mit einer Strategie, Zielen, Zeitplan, Ressourcen, Personalplanung, Umsetzung, Evaluation usw. zu betrachten. Es lohnt sich hierfür eine verantwortliche Person zu bestimmen und dieser auch die Zeitressourcen zur Verfügung zu stellen. Dies als eine reine Zusatzaufgabe, welche nebenbei erledigt werden sollte, zu betrachten, wäre falsch und führt erfahrungsgemäss zum Scheitern des ganzen Vorhabens. Ferner sollte die Geschäftsleitung das Konzept absegnen und dahinterstehen.
4. Umsetzung
Aufgrund der durchgeführten Analyse sollten konkrete Massnahmen definiert und durchgeführt werden. Es ist wichtig sowohl Verhaltens- (aufs Individuum bezogen) als auch Verhältnismassnahmen (auf die Verhältnisse im Betrieb bezogen) einzuplanen. Es lohnt sich, Hilfe von Profis in Anspruch zu nehmen, wenn es um die Umsetzung geht. Vergessen Sie die Vorgesetzten bei der Umsetzung nicht! Sie haben eine wichtige Vorbildfunktion, müssen hinter den Massnahmen stehen und diese im Alltag auch vorleben. Ist dies nicht der Fall, werden es
mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Mitarbeitenden nicht tun. Bei der Themenwahl für den Start, hat sich gezeigt, dass Themen die «einfach» sind und die schnell eine Verbesserung herbeiführen wie zum Beispiel das Thema Ergonomie besonders gut geeignet sind.
5. Überprüfung
Wichtig ist es die durchgeführten Massnahmen zu evaluieren. Nur so kann man feststellen, ob die esteckten Ziele auch erreicht wurden und ob es weitere Korrekturen braucht. Grundsätzlich hat sich Folgendes aus der Praxis als hilfreich erwiesen, wenn es um die Einführung und die Nachhaltigkeit des BGM geht:
- Das Thema sollte von der Geschäftsleitung und Vorgesetzten getragen und gelebt werden. Sie nehmen an den Schulungen Teil und integrieren es in ihrem Alltag.
- Möglichst mit «einfachen» Themen beginnen
- Die Schulungen professionell und lustvoll gestalten
- Schulungen als Arbeitszeit betrachten und als obligatorisch deklarieren
- Möglichst mehrere kleine Schritte zu einem Thema einplanen bzw. als Kampagnen aufbauen – so wird die Nachhaltigkeit unterstützt
- Die Mitarbeitenden laufend informieren und ihnen auch Mitspracherecht einräumen
- Kommunikation nicht vergessen
Die häufigsten Fehltritte
Trotz vieler vorhandenen Informationen und Beratungsfirmen auf dem Markt, werden häufig die gleichen Fehler bei der Planung und Umsetzung des BGM in Unternehmen gemacht. Am häufigsten wird kein Konzept erstellt, sondern gleich mit einzelnen, häufig zusammenhangslosen Massnahmen losgelegt. Die Geschäftsleitung ist nicht informiert bzw. hat kein Konzept abgesegnet, was häufig zur Folge hat, dass spätesten bei der zwingenden Ressourcenfrage
die meisten Projekte scheitern.
Bei der Ist-Analyse werden häufig «selbst gebastelte» Fragebögen eingesetzt, was nicht selten zur Folge hat, dass daraus kein richtiger Nutzen gezogen werden kann. Setzen Sie daher lieber auf geprüfte und valide Instrumente und holen sie sich Unterstützung von Experten. Nicht selten nutzen die Angestellten die angebotenen Massnahmen nicht, und zwar aus verständlichen Gründen: Entweder sie wissen gar nicht, dass diese existieren oder sie werden nicht gebraucht. Dies ist häufig auf die fehlende Kommunikation und falsche Themenwahl zurückzuführen.
«Ein professionelles BGM kostet und sollte mit der nötigen Seriosität betrachtet werden.»
Genauso kontraproduktiv sind Massnahmen, die nicht gebraucht werden. Deshalb ist es wichtig, sich schon bei der Planung zu überlegen, wie man die Mitarbeitenden miteinbeziehen kann. Vorgesetzte spielen bei dem Thema BGM eine entscheidende Rolle und dessen müssen sie sich auch bewusst sein. Wird eine Massnahmen von Vorgesetzten nicht getragen und tagtäglich vorgelebt, ist sie zum Scheitern verurteilt. Ferner sollten die Schulungen oder die dargebotenen Aktivitäten als Arbeitszeit gelten, die dadurch «verlorene» Zeit wird durch die gesteigerte Produktivität schnell wieder eingeholt. Die geplanten Massnahmen sollten als obligatorisch deklarieren werden.
Nehmen wir ein Stress Workshop als Beispiel: Wird die Zeit nicht als Arbeitszeit angerechnet oder wird den Mitarbeitenden selber überlassen, ob sie an einem Workshop teilnehmen wollen oder nicht, hat dies häufig zur Folge, dass genau diejenigen, die es nötig hätten, nicht teilnehmen werden – weil sie «Wichtigeres» zu tun haben bzw. «im Stress» sind. Ferner ist BGM kein reiner Neben- oder gar Praktikantenjob.
Ein professionelles BGM kostet und sollte mit der nötigen Seriosität betrachtet werden. Eine kontinuierliche Leitung durch eine Person, die die Betriebsstrukturen kennt und sowohl über eine gewisse Durchsetzungskraft als auch über Begeisterungsfähigkeit verfügt, sind weitere wichtige Faktoren.
(Erstpublikation: Zeitschrift «Unternehmerzeitung, 05/2019»)