Dr. phil. Tobias Heilmann, Remo Zolliker 06.09.2021

Smart Buildings und Leistung – der positive Einfluss von nachhaltigen Lösungen

Wir skizzieren für Sie in aller Kürze interdisziplinär, wann ein Gebäude «smart» wird und wieso sich das für Unternehmen und Mitarbeitende rechnet.

Smart Buildings sind Gebäude, deren zentrale haustechnische Anlagen sowie Raum- und Geräteregelungenintelligent miteinander vernetzt sind. Die technische Ausstattung wird so gesteuert, dass Vorteile auf mehreren Ebenen erzielt werden. Einerseits unterstützen Smart Buildings die kürzlich verabschiedete Klimastrategie des Bundes, andererseits reduzieren sie langfristig Kosten für Unternehmen – und sie besitzen einen positiven Einfluss auf uns und unsere Arbeitsleistung.

Laut OECD-Studien verbrauchen Gebäude weltweit circa 30 Prozent der Primärenergie. Eine gute Gebäudetechnik hilft dabei, energieeffizienter zu werden. Gebäudetechnik beinhaltet die technische Ausstattung eines Gebäudes in Hinblick auf Energie- und Wasserversorgung, Energieeffizienz, Lüftung oder auch Sicherheit – Dinge, die man täglich selbstverständlich für den reibungslosen Unternehmensbetrieb nutzt. Intelligente Gebäudetechnik hat aufgrund der Digitalisierung jedoch nichts mehr mit dem klassischen Heizungskeller zu tun, den viele von uns vielleicht kennen.

Aufgrund des «Internet of Things» (IoT) dienen Gebäudesysteme mit Sensoren und Geräten als Infrastruktur in Gebäuden, die uns Daten liefern und damit intelligentes Management ermöglichen. Viele grundlegende Funktionen im Gebäude sind vernetzt und können sinnvoll gesteuert werden – ob dies nun die komfortable Bedienung von Storen und Lichtanlagen via Smartphone oder den Komfort des Arbeitsplatzes betrifft, das heisst Lüftung, Klima, Heizung oder Licht. Ist das vorhanden, dann sprechen wir von einem «Smart Building». Allerdings werden diese Komponenten noch viel zu selten oder schlecht genutzt. Dabei besitzen Smart Buildings auf mehreren Ebenen Stärken und bieten Chancen.

Erstens unterstützen Smart Buildings offiziell die Massnahmen für eine langfristige Klimastrategie auf Basis des vollständig revidierten CO2-Gesetzes des Bundesrates. Diese Strategie sieht eine nachhaltige Emissionsreduktion bis 2050 auf ein Netto-Null-Ziel vor. Zweitens reduzieren Smart Buildingsim Mittel mindestens 15 Prozent der Betriebskosten, weil Unternehmen beispielsweise besser verstehen, wann und wie Energie verbraucht wird, wodurch sie den Verbrauch nachfolgend viel effizienter managen und optimieren können. Auf der menschlichen, psychologischen Ebene haben Smart Buildings einen positiven Einfluss auf Humankriterien wie Arbeitsmotivation oder Arbeitszufriedenheit. Und diese beeinflussen wiederum die Arbeitsleistung.

Was macht ein Smart Building aus?

Ein «smartes», also digitalisiertes nahezu Null-Energie-Gebäude (Bürogebäude, Gewerbeliegenschaft, private Überbauung) ist in der Lage, erneuerbare Energien und die Energie- sowie elektronische Infrastruktur zu managen. Es besitzt Kontrollsysteme, misst den Energieverbrauch in Form nutzbarer Daten, um so Unternehmen in Realtime Rückmeldung geben zu können. Es kann Fehler diagnostizieren und deshalb wiederkehrend festgelegte Serviceverträge ergänzen oder obsolet machen, weil das smarte Gebäude «weiss», wann Wartungen an oder Reparaturen von Anlagen notwendig sind (englischer Fachbegriff: predictive maintenance). Und final kann es auf unsere Bedürfnisse reagieren. Alle Informationen laufen in einer Plattformauf einem sogenannten «Digital Twin» visuell zusammen, das heisst einer Abbildung des Gebäudes, in der wir genau sehen, wo und wann welche haustechnischen Prozesse ablaufen und wie der Status quo ist. Durch die Sensoren und die komplette Vernetzung ist alles datenbasiert steuerbar: Temperatur, Licht, Überwachung, Luftfeuchtigkeit, Belüftung.

Wie Smart Buildings uns positiv beeinflussen

Doch was haben Smart Buildings denn nun mit unserer Arbeitsleistung zu tun? Und wieso rechnet sich das für Unternehmen? Es klingt fast banal: Menschen, die durch ihre Arbeitsumgebung positiv unterstützt werden, leisten mehr. Verschiedene psychologisch fundierte Laborexperimente und Feldstudien vor Ort zeigen Folgendes: 

(a) Die Luftqualität (Umluft, Emissionen desGebäudes, von Möbeln/Einrichtungen und Menschen) hat einen signifikanten Einflussauf menschliche Konzentration respektive Entscheidungsfindung. Weniger CO2-Gehalt – und damit weniger Emission – erhöht die Arbeitsleistung.

(b) Die Raumtemperatur beeinflusst unsere Denkleistung: NeutraleTemperaturen zwischen 21 und 25 °C gehen einher mit besserer Gedächtnisleistung, ab 26°C sinkt diese bereits. Schlechtere Luftqualität oder auch eine erhöhte Raumtemperatur lassen Menschen in Büros müder werden, der gefühlte «Arbeitsenergie»-Pegel sinkt und Büromitarbeitende fühlen sich weniger motiviert und eher müde. Zudem treten somatische Symptome auf. Das heisst, dass unter nicht optimalen Umgebungsbedingungen Menschen ganz konkret eher Kopfschmerzen, eine verschnupfte oder «trockene» Nase, einen trockenen Hals oder gereizte Augen bekommen und ein grundsätzliches Unwohlsein verspüren. So kann man mittel- oder langfristig keine gute Leistung erbringen. Smart Buildings können genau dort ansetzen und Unternehmen nicht nur beigrundsätzlich ökologischen oder energetischen Fragestellungen positive Dienste erweisen, sondern auch ganz praktisch diejenigen positiv unterstützen, welche die Leistung für den Unternehmensumsatz erzielen: die Menschen im Betrieb und im Bürogebäude.

Ökonomisch und ökologisch sinnvoll

Smart Buildings sind also nicht nur grundsätzlich ökonomisch kostenreduzierend, sondern auch ökologisch sinnvoll, weil damit Geschäftsstrategien zur Erreichung der Klimaneutralität (CO2) abgeleitet werden, was eine bessere Umweltbilanz zur Folge hat. Was jedoch bislang noch nicht richtig inden Fokus gerückt wurde: Smart Buildings unterstützen aus wirtschaftspsychologischer Sicht die Arbeitsleistung signifikant.

(Erstpublikation in der Zeitschrift «bauRundschau» Nr. 2/2021)

Literatur
1. World Energy Outlook 2020. www.oecd-ilibrary.org.
2. Langfristige Klimastrategie der Schweiz. www.bafu.admin.ch.
3. Put Energy to Work: Give your business a competitive advantage with energy management. www.nyserda.ny.gov.
4. Leder, S., Newsham, G. R., Veitch, J. A., Mancini, S. & Charles, K. E. (2016). Effects of office environment on employee satisfaction: a new analysis. Building research & information, 44(1), 34–50.
5. Al Dakheel, J., Del Pero, C., Aste, N. & Leonforte, F. (2020). Smart buildings features and key performance indicators: A review. Sustainable Cities and Society, 102328.
6. Satish, U., Mendell, M. J., Sheklar, K., Hotchi, T., Sullivan, D., Streufert, S. et al. (2012). Is CO2 an indoor pollutant?
Direct effects of low-to-moderate CO2 concentrations on human decision-making performance. Environmental Health Perspectives, 120, 1671e1677.
7. Hancock, P. A., Ross, J. M. & Szalma, J. L. (2007). A meta-analysis of performance response under thermal stressors. Human Factors, 49, 851e877.
8. Lan, L., Wargocki, P., Wyon, D. P. & Lian, Z. (2011). Effects of thermal discomfort in an office on perceived air quality, SBS symptoms, physiological responses, and human performance. Indoor Air, 21, 376e390.
9. Varjo, J., Hongisto, V., Haapakangas, A., Maula, H., Koskela, H. & Hyönä, J. (2015). Simultaneous effects of irrelevant speech, temperature and ventilation rate on performance and satisfaction in open-plan offices. Journal of Environmental Psychology, 44, 16–3

Autoren

Dr. Tobias Heilmann

ist Studiengangsleiter MAS Wirtschaftspsychologie, Sozialkompetenz, Fachbereichsleiter Wirtschaftspsychologie, Wirtschaftsforschung

Remo Zolliker

ist EMBA der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS), Consulting für Smart Buildings und Cities.