01.10.2017

Vom Papier zum E-Assessment

Die FFHS sammelt seit Herbst 2016 praktische Erfahrungen mit E-Assessments. In Zukunft sollen die elektronischen Prüfungen, welche ganz ohne Papier, Tinte und Handschrift auskommen, möglichst flächendeckend eingesetzt werden.

Eine Online-Prüfung an der FFHS läuft immer gleich ab: Studierende finden sich im Prüfungsraum ein, starten ihren Computer, wechseln mit einem vorinstallierten Programm in den Prüfungsmodus. Das Programm regelt, auf welche Informationsquellen die Studierenden während des Examens Zugriff haben. Eine Aufsichtsperson instruiert und beaufsichtigt die Studierenden, leistet erste Hilfe, wenn Probleme auftreten.

Technische Schwierigkeiten werden protokolliert, der Transparenz wegen und um allfälligen Rekursen zu begegnen. «Auf Papier kann halt weniger schiefgehen als bei digitalen Prüfungen», gibt die Beauftragte E-Assessments, Jetmire Sadiki, offen zu. Kurze Netzwerkunterbrüche, Bildschirm-Blockaden und falsche Passworteingaben sind Kinderkrankheiten, die traditionelle Prüfungen nicht kennen.

Praktischer prüfen

«Auf der anderen Seite», ergänzt sie aber sofort, «können elektronische Prüfungen einfach mehr.» Das beste Beispiel dafür sind Programmier- Aufgaben. Am Bildschirm können Computer Skills viel realitätsnäher und praktischer geprüft werden. Man müsse Schritt halten mit der Entwicklung, die klar weg vom Papier und hin zum digitalen Medium gehe, führt Sadiki aus, das sei sich die FFHS als E-Hochschule schuldig.

Studierende dürfen an E-Prüfungen ihren eigenen Computer verwenden, sie bringen ihr Gerät an die Prüfung mit. Dadurch arbeiten sie auch in der stressigen Prüfungssituation in einer bekannten, für sie gewohnten Software-Umgebung. Sie vergeuden also keine Zeit damit, sich in neuen Interfaces zurechtzufinden.

Tastatur und Zehnfingersystem sei Dank absolvieren Studierende E-Prüfungen ohne Schreibkrampf und antworten durchwegs leserlich. Die Dozierenden, welche die abgelegten Online-Prüfungen korrigieren und bewerten, danken es ihnen: Sie benötigen wesentlich weniger detektivisches Gespür zur Interpretation der Prüfungsantworten.

Bring Your Own Device

Andere Hochschulen führen E-Assessments komplett auf universitären Geräten durch. Für die FFHS mit ihren vier Standorten wäre dieser Ansatz wirtschaftlich nicht machbar, erklärt Jetmire Sadiki. Durch den Bring Your Own Device-Ansatz hingegen müsse die FFHS keine Prüfungs-Hardware anschaffen.

Damit die Prüfung trotz der unterschiedlichen Geräte und Betriebssysteme funktioniert und die Studierenden am Prüfungstag wissen, was in welcher Reihenfolge zu tun ist, absolvieren sie im Rahmen ihrer Module Musterprüfungen. «Studierende spielen die ganze Prüfung von A bis Z durch», erklärt Sadiki. Dabei installieren und testen sie die nötige Software, machen sich mit dem Format der E-Prüfungen vertraut und repetieren die Inhalte des jeweiligen Moduls. Die Musterprüfungen erfüllen also gleich mehrere wichtige Funktionen.

Prüfungen müssen so konzipiert sein, dass alle die gleichen Voraussetzungen haben. Das gilt natürlich auch für E-Assessments. So stellen die eingesetzten Tools sicher, dass keine Kommunikationsdienste wie Skype oder unerlaubte Hilfsmittel genutzt werden und sie garantieren, dass alle ihr Examen zur gleichen Zeit starten und abschliessen. Aufsichtspersonen kontrollieren ihrerseits, dass im Prüfungsraum Ruhe herrscht, dass nicht geredet wird und keine Zweitgeräte eingesetzt werden. «Solange diese Rahmenbedingungen eingehalten werden, haben E-Assessments die gleiche Gültigkeit wie klassische Prüfungen», bestätigt Jetmire Sadiki.

Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Das Potenzial digitaler Prüfungen sei aktuell noch lange nicht ausgeschöpft. «Wir haben im Herbstsemester 2016 die ersten beiden E-Assessments durchgeführt, dann im Frühlingssemester 2017 sieben weitere Module elektronisch geprüft», führt Sadiki aus. «Damit fehlt uns aktuell sicher noch etwas die Erfahrung ». Erfahrung gewinnt man, indem man das Programm konsequent weiter ausbaut: Im Herbstsemester werden weitere Module mit E-Assessments geprüft.

Mit ihren relativ kleinen Klassen fällt es an der FFHS leichter, E-Assessments sinnvoll umzusetzen, zu überwachen und zu optimieren. Allerdings, so Sadiki, gebe es noch grosses Entwicklungspotenzial. Zum einen sei man aktuell in einer Übergangsphase, müsse also analoge und digitale Prüfungsformate parallel administrieren. Und zum anderen müsse eine gute digitale Prüfung von Anfang an in der Modulentwicklung mitgedacht werden. Und auch technische Hürden gilt es noch zu bewältigen. So ist noch unklar wie bei einer Prüfung aus der Ferne die Identität der Studierenden rechtsgültig überprüft werden kann.

Kompetenzen statt Wissen

Im Frühling 2018 starten die ersten Versuche, mündliche Prüfungen via Online-Interview abzunehmen. Studierende sollen ihre mündliche Prüfung ablegen können, wo sie wollen. Auch für die schriftlichen Tests will man Ortsunabhängigkeit möglich machen. In Zukunft sollen dann möglichst alle schriftlichen Prüfungen digital abgenommen werden können.

Bei der Entwicklung der Online-Prüfungen sei man aber auch auf grundsätzliche Fragen gestossen, so Jetmire Sadiki. Was muss eine Prüfung nachweisen: Wissen oder Kompetenzen? Wie offen darf ein E-Assessment sein? Die Schule findet sich in diesen Fragen erst noch, sagt Sadiki. Eine Tendenz zeichnet sich aber trotzdem ab: «Vor allem in den höheren Semestern gehen wir dazu über – statt einfach Wissen abzufragen – immer mehr Kompetenzen zu prüfen.»