Bio liegt im Trend – aber nicht auf jedem Teller
Eine Studie zeigt, wer in der Schweiz zu Bio-Produkten greift und wer es eher nicht tut. An der Untersuchung war auch Dr. Giulia Pestoni, Ernährungsforscherin der FFHS beteiligt. Ziel der Studie «To Bio or not to Bio? Organic Food Consumption in Switzerland» war es, ein umfassendes Verständnis des Konsums von Bio-Lebensmitteln in der Schweiz zu gewinnen.

In einer gemeinsamen Studie mit anderen Hochschulinstitutionen untersuchte die FFHS den Bio-Produkt-Konsum von Schweizerinnen und Schweizer. (Foto: Artur Ament)
In der Schweiz greifen zwar viele Menschen zu Bio-Produkten – doch der tatsächliche Anteil von biologisch erzeugten Lebensmitteln an der täglichen Ernährung bleibt gering. Das zeigt eine neue Studie, die von der FFHS gemeinsam mit dem Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) der Universität Bern sowie dem Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Zürich durchgeführt wurde.
Bio-Konsum unter der Lupe
Zum Ziel der Untersuchung fasst sich Pestoni kurz: «Wir wollten ganz einfach mehr darüber erfahren, wie der Konsum von Bio-Lebensmittel in der Schweizer Bevölkerung aussieht.» Basis waren Daten der nationalen Ernährungserhebung «menuCH». Dafür wurden 2’057 Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren befragt. Über zwei nicht aufeinanderfolgende 24-Stunden-Ernährungsprotokolle wurde erhoben, was die Teilnehmenden konsumierten – einschliesslich Informationen zu Lebensmittelmarken und Bio-Labels. Als Bio-Konsumentinnen und -Konsumenten galten Teilnehmende, die bei mindestens einer der beiden Erhebungen Bio-Produkte verzehrt hatten. Pestoni gibt zu bedenken, «dass die vorhandenen Daten aufgrund der kurzen Zeiträume den wirklichen Bio-Konsum sehr wahrscheinlich unterschätzen, denn wer in diesen beiden Tagen zufällig keine Bio-Produkte konsumierte, verzerrt die Ergebnisse etwas.» Nichtsdestotrotz ergänzen diese Resultate andere Studien, die die Häufigkeit des Bio-Lebensmittelkonsums untersuchten, indem sie eine umfassende Einschätzung der Art und Menge konsumierter Bio-Produkte sowie Informationen zu soziodemografischen, anthropometrischen und Lebensstilmerkmalen von Bio-Konsumentinnen und -Konsumenten liefern.
Ein Viertel isst Bio – aber nur wenig davon
Die wichtigste Erkenntnis: 27,8 Prozent der Befragten konsumierten zumindest gelegentlich Bio-Lebensmittel. Doch selbst in dieser Gruppe war der Anteil biologisch erzeugter Nahrung am Gesamtkonsum überraschend niedrig: Nur etwa 4 Prozent aller verzehrten Lebensmittel waren tatsächlich Bio-Produkte.
Den grössten Beitrag zum Gesamtkonsum von Bio-Lebensmitteln leisteten pflanzliche Produkte, allen voran Früchte, Gemüse und Getreide. Bei tierischen Produkten war der Bio-Anteil deutlich geringer – mit einer Ausnahme: Milchprodukte trugen wesentlich zum Gesamtkonsum von Bio-Lebensmitteln bei.
Wer isst Bio – und wer eher nicht?
Die Studie identifizierte mehrere Lebensstilmerkmale, die mit einem höheren oder niedrigeren Konsum von Bio-Produkten in Zusammenhang stehen. «Die Daten bieten noch weitere Vorteile, wie beispielsweise, dass die Lebensmittel detailliert erfasst wurden und dass die Menge der konsumierten Lebensmittel vorhanden sind», ergänzt Pestoni:
Grösserer Bio-Konsum:
- Frauen
- Personen mit höherem Bildungsabschluss
- Personen mit allgemeiner Affinität zu gesunder Ernährung (gemessen am sogenannten «Alternate Healthy Eating Index»)
Niedrigerer Bio-Konsum:
- Jüngere Personen (unter 29 Jahren)
- Menschen mit nicht-schweizerischer Nationalität
- Einwohnerinnen und Einwohner der Westschweiz (französischsprachige Regionen)
- Grössere Haushalte
- Menschen mit Adipositas
Gesellschaftliche Relevanz
Die Forschenden betonen, dass die Ergebnisse helfen können, gezieltere gesundheitspolitische und ernährungsbezogene Massnahmen zu erarbeiten. Besonders Subgruppen mit geringerem Bio-Konsum – etwa junge Erwachsene, Menschen mit Migrationshintergrund oder aus einkommensschwächeren Haushalten – könnten von gezielter Information oder finanziellen Anreizen profitieren, um einen höheren Bio-Anteil in der Ernährung zu fördern. «Derzeit gibt es nicht genug langfristige klinische Studien, um festzustellen, ob der Konsum von Bio-Lebensmittel gesünder ist als der Konsum von konventionell angebauten Lebensmitteln, aber er hat mit Sicherheit ökologische Vorteile. Weitere zielgerichtete Untersuchungen wären sicherlich sehr bereichernd», sagt Pestoni.
Kurz und knapp
Die Studie bietet erstmals repräsentative und differenzierte Einblicke in das Bio-Konsumverhalten der Schweizer Bevölkerung. Zwar besteht ein grundsätzliches Interesse an Bio-Produkten, doch ihr Anteil am tatsächlichen Verzehr ist noch ausbaufähig. Die Ergebnisse zeigen, dass der Griff zu Bio nicht nur vom individuellen Gesundheitsbewusstsein, sondern auch von Alter, Bildung, Haushaltsstruktur und sozialem Hintergrund abhängt.