11.06.2017

11. FFHS-Business Breakfast: Psychologische Faktoren einer erfolgreichen digitalen Transformation

Knackpunkt verkannt: 70% der Innovationen scheitern am Faktor Mitarbeiter. Am elften FFHS-Business Breakfast diskutierten die Innovationsexperten Dr. Tobias Heilmann und Bora Altuncevahir mit Wolfgang J. Pfund, Leiter Personal und Logistik bei der Suva, und das Publikum darüber, welchen Nutzen Innovations-Checkups besitzen und wie die Arbeit der Zukunft aussehen könnte.

«Die Wertschöpfung durch die digitale Transformation bis 2015 wird auf 1.2 Billionen Euro geschätzt. Das heisst dort wird zukünftig Umsatz generiert. Daran hängen Arbeitsplätze. Auch bei uns in der Schweiz», erklärt FFHS-Studiengangsleiter und Dozent Dr. Tobias Heilmann, der an der University of Massachusetts und an der Harvard University geforscht hat und auch Geschäftsführer der Consulting-Firma campaignfit ist.

«Das Tempo des digitalen Wandels ist so rasant, dass unbedingt diejenigen mit ins Boot geholt werden müssen, die letztlich die Zukunft mitbestimmen und umsetzen: Das Kader und die Mitarbeitenden.»

Der Faktor Mensch in der digitalen Transformation

Wenn man wissen will, wie erfolgreich digital transformiert werden soll, muss man wissen, weshalb andere daran gescheitert sind. «Weshalb sind z.B. Giganten wie Kodak, Nokia oder Blackberry gescheitert, obwohl sie Technologieführer waren und über immense finanzielle Ressourcen verfügten?», fragten die Moderatoren Dr. Tobias Heilmann und Bora Altuncevahir. Die spontanen Antworten des Plenums: «Mangelnde Veränderungsbereitschaft, Trägheit nach Erfolg, Angst».

Genau das sind die Herausforderungen. Diese Emotionen werden nicht adäquat in Forschung und Praxis berücksichtigt. «Firmen scheitern, weil die Geschäftsleitungen an alten Geschäftsmodellen festhalten, veränderungsresistent sind. Und weil sie mental nicht bereit sind zu innovieren», sagt Bora Altuncevahir, der an der FFHS Innovationsmanagement und Behavioral Economics doziert.

Dr. Tobias Heilmann erklärt: «70 Prozent der Innovationsvorhaben scheitern, weil man es verpasst, die Weichen für kontinuierliche Innovation bei sich selbst, aber auch bei Kader und Mitarbeitenden richtig zu stellen. Innovationsvorhaben scheitern, weil Kader und Mitarbeitende neue Wege nicht mitinnovieren können, wollen oder nicht dazu fähig sind.»

Menschen entwickeln und tragen Innovationen. «Die Wissenschaft weiss, dass Einstellungen zu Innovationen das nachfolgende Innovationsverhalten signifikant beeinflusst», so Heilmann». Ignoriert man den Menschen und ihre Mitarbeit bei grossen Innovationsprojekten sorgt das für Angst, Frust und einer Innovationsblockade. Das muss nicht sein.

Deshalb kombinieren Heilmann und Altuncevahir Psychologie und Innovationsmanagement und ermöglichen neue Methoden und Prozesse. Mit dem Innovations-Checkup holen sie in einem ersten Schritt Mitarbeitende in den entscheidenden Momenten einfach, flexibel und wirkungsvoll ab. In einem zweiten Schritt folgen Massnahmen, um den «Gap» zu schliessen und in Richtung erfolgreiche Transformation zu arbeiten.

Höhepunkt des Events: Auftritt Suva Personalleiter Wolfgang J. Pfund

«Schon bald wird die Maschine nicht mehr bloss Werkzeug sein. Mensch und Maschine werden im anbrechenden Maschinenzeitalter auf Augenhöhe zusammenarbeiten», sagte Wolfgang Pfund, Leiter Personal und Logistik bei der Suva. Er gab einen Ausblick in die Arbeitswelt 2028: Psychologie im Maschinenzeitalter, um digitale Transformation mit Psychologie beispielhaft in der Praxis zu vereinen.

Mit der Strategie «Arbeiten 4.0» will Wolfgang Pfund die Suva, die Mitarbeitenden und das Management auf die Zukunft vorbereiten.

Dass eine gesellschaftliche Veränderung im Gange ist, will an diesem Donnerstagmorgen im Kaffee Spitz in Zürich niemand bestreiten. Pfund skizziert, wie menschliche Arbeit nach dem digitalen Wandel aussehen könnte:

Die Maschine wird zum Partner, Arbeit wird mobiler und zeitlich flexibler, der klassische Arbeitsplatz dürfte verschwinden und Arbeitnehmende immer mehr zu Intra- und Entrepreneurs werden. Diese müssen mehr und mehr Eigenverantwortung übernehmen:

  • The End: Die Digitalisierung schliesst die Industrialisierung und das Streben nach immer höherer Effizienz ab. Die Maschine reift vom Werkzeug zum Partner.
  • Always on: Arbeit muss immer verfügbar sein. Das verlangt der 24/7-Kunde.  Stress, Burnout, psychische Erkrankungen sind oft die Folge. Der Umgang mit Belastungserscheinungen wird an Bedeutung zunehmen.
  • Everywhere: Die Grenze der Mobilität ist erreicht und erzwingt ein örtlich verteiltes Arbeiten. Die Folgen: Arbeitnehmende verrichten ihren Job, wo sie wollen. Arbeitgeber sparen Miete für Büros, die Öffentlichkeit Geld für mehr Strassen und Schienen.
  • Full Responsibilty: Arbeitnehmende werden immer mehr zu Entre- und Intrapreneurs, die selbst für Ihre Wettbewerbsfähigkeit, Versicherung und Vorsorge verantwortlich sind.

Grosser Wandel führe dabei naturgemäss zu Ängsten und Widerständen. Machtkonzentration bei den Tech-Riesen, automationsbedinge Massenarbeitslosigkeit oder Machtübernahme der Maschinen: Was manche belächeln, mache anderen Angst. «Nur mit diesen Ängsten kann ich mir die Gegenbewegung zum digitalen Wandel wie America First, Brexit oder Masseneinwanderungsinitiative erklären», sagt Pfund.

Aber nicht nur auf der Bühne der Weltpolitik, sondern auch im KMU spielen psychologische Faktoren eine gewichtige Rolle, im Aufbruch zu neuen digitalen Geschäftsmodellen.

Sicherer Hafen People Skills

Wolfgang Pfund weiss, wie wichtig die menschlichen Aspekte bei Innovations- und Erneuerungsprojekten sind. Immer schneller müssen sich Mitarbeitende neuen Umständen anpassen. Chefs müssen die Veränderungen ihrer Mitarbeitenden – und die sich immer stärker verändernden Kompetenz- und Anforderungsprofile – erkennen und managen. Sie müssen also immer weniger Fachpersonen und immer mehr People Manager sein.

  • Präsentation Heilmann & Altuncevahir