Deborah Bischof 03.12.2020

Den Wandel vorantreiben

13 von 14 Händen schnellten in die Höhe, als Nathanael Zingg in die Runde fragte: «Wollt ihr etwas verändern?» Dies war der Startschuss für ein Vorhaben, das mehr als notwendig war: Die Neuorganisation des Glaubensverein Vineyard Bern. Diesem fehlte es an Strategie und schlanken Strukturen. Mit seiner Masterarbeit schaffte der FFHS-Absolvent Klarheit und nahm das Zepter gleich selbst in die Hand.

«Es war für mich komplettes Neuland», erinnert sich Nathanael Zingg an seinen ersten Arbeitstag bei der Vineyard zurück. Der gelernte Metallbauer hatte 2012 ein Theologiestudium am International Seminary of Theology and Leadership (ISTL) begonnen. Parallel dazu absolvierte er ein Praktikum bei der Vineyard in seinem Heimatkanton Bern. Den eigenständigen Glaubensverein der evangelisch-reformierten Landeskirche kannte er zuvor nur aus Erzählungen. Trotz anfänglicher Unsicherheiten bewährte sich der zielstrebige Berner und erhielt 2017 eine Festanstellung. Als Assistent der Geschäftsleitung und Leiter der Jugendarbeit übernahm er vermehrt Verantwortung.

Zwischen Theorie und Praxis

In seiner neuen Funktion wurde ihm viel abverlangt. «Um mehr aus mir und meiner Arbeit herauszuholen, brauchte ich theoretisches Fachwissen», erklärt der 30-Jährige. Aus diesem Grund entschied sich der ehemalige Theologiestudent, eine weitere Ausbildung in Angriff zu nehmen. Das passende Angebot fand er im Weiterbildungsmaster Executive Master of Business Administration (EMBA) an der FFHS. Bereits nach wenigen Unterrichtswochen bewährte sich sein Entscheid: «Gefühlt lernte ich am Samstag im Studium das, was ich am Montag bei der Arbeit anwenden konnte», erzählt er.  

Das hohe Mass an Praxisbezug sollte auch bei seiner Masterthesis im letzten Studienjahr entscheidend sein. Denn fast zeitgleich zur Themenwahl kam bei der Vineyard Bern ein altbekanntes Thema zur Sprache: «Seit langer Zeit fehlten klare Organisations- und Führungsstrukturen sowie eine zukunftsorientierte und übergeordnete Strategie», erläutert Nathanael Zingg, «Da sah ich meine Chance, mich dieser Herausforderung im Rahmen meiner Arbeit anzunehmen.» Begeistert von seiner Idee gelang es ihm, den Geschäftsführer für sein Vorhaben zu gewinnen. Voller Elan stürzte er sich in seine Masterarbeit. «Die Disposition ist die halbe Miete», weiss er, «nur wer hier konkrete Fragen stellt, findet später auch konkrete Antworten.» Diese formulierte der FFHS-Absolvent in Form eines Vorschlags für eine angepasste Aufbauorganisation der Vineyard Bern.

«Gefühlt lernte ich am Samstag im Studium das, was ich am Montag bei der Arbeit anwenden konnte»

Nathanael Zingg
Absolvent Executive Master of Business Administration (EMBA)

Gemeinsam auf zu neuen Ufern

Doch Theorie soll nicht theoretisch bleiben.«Letzten Endes war das Ziel von Anfang an die Umsetzung. Die Analyse ging daher stets Hand in Hand mit dem Veränderungsprozess innerhalb der Vineyard Bern», erzählt Nathanael Zingg. In einem ersten Schritt ging es darum, die komplex aufgebaute und starre Geschäftsleitungsstruktur neu zu definieren. «Dafür war eine Reduktion von ursprünglich 14 Mitgliedern auf sechs nötig. Im neuen Team übernahm jede Person konkrete Handlungsfelder.» Er selbst sei beispielsweise für das Umbau-Projekt sowie den Bereich Kommunikation zuständig.

In der Metaebene gilt es zudem, gemeinsam eine Strategie zu entwickeln. Dabei stellen sich Fragen wie: Wer ist die Vineyard Bern? Wo möchte man hin? Wie werden die Mitglieder erreicht? Ziel dahinter sei es jedoch nicht, um jeden Preis neue Mitglieder anzuwerben, sondern vielmehr herauszufinden, was die Vineyard auszeichnet. «Wir müssen unser Profil schärfen und ein gemeinsames Verständnis über Gegenwart und Zukunft schaffen», erläutert Nathanael Zingg das Vorhaben.  

Der Wissenshunger bleibt

«Wir sind momentan mitten im Umbruch», so der motivierte Projektleiter. Dank seiner effizienten Arbeitsweise ist er heute einer der sechs Köpfe in der Geschäftsleitung: «Es braucht jemanden, der Ziele festlegt, Aufgaben zuteilt und den Gesamtplan im Auge behält.» Den Wandel vorantreiben, das ist es, was Nathanael Zingg anspornt. Gleichzeitig braucht er immer neue Aufgaben: «Ich liebe es, herausgefordert zu werden», so der FFHS-Absolvent, «Strukturen und Prozesse zu analysieren und neue Wege zu finden, das ist meine Stärke.» Aktuell ist er an einem Punkt, an dem jeden Tag neue Herausforderungen warten. Ob dies auch in Zukunft so bleibt, weiss er nicht. Einen Plan B hat er aber bereits: «Unternehmensberatung ist es, was mich fasziniert. Zurzeit tue ich genau das, bin aber gleichzeitig auch in der operativen Umsetzung tätig. Wer weiss, vielleicht ändert sich das eines Tages.»