Deborah Bischof 10.12.2020

Insekten auf dem Speiseplan

Gesalzene Heuschrecken, Mehlwurm-Risotto oder Proteinriegel aus Grillenmehl: Was viele erschaudern lässt, könnte in Zukunft Normalität sein. Abgesehen vom Geschmack, der Akzeptanz und dem grossen Potenzial betreffend Nachhaltigkeit, ist die gesundheitliche Komponente ein relevantes Thema. Inwiefern liefern Insekten dem Menschen lebenswichtige Nährstoffe wie Eisen? Dieser Frage geht Diego Moretti, FFHS-Forschungsfeldleiter Ernährung, in einer Studie auf den Grund.

«Laut Welternährungsorganisation (FAO) essen weltweit etwa zwei Milliarden Menschen Insekten», weiss Dr. Diego Moretti, Forschungsfeldleiter Ernährung an der FFHS. Dass die kleinen Larven und Krabbeltiere wertvolle Nährstoffe wie Eisen enthalten, ist bekannt. Doch das gilt auch für viele pflanzliche Produkte. Dennoch ist die Mehrzahl davon für den Menschen eine wenig verwertbare Eisenquelle verglichen mit Fleisch oder Fisch. «Worauf es beim Eisen ankommt, ist die Bioverfügbarkeit», erklärt Diego Moretti, «sie entscheidet darüber, ob der menschliche Körper das Eisen auch tatsächlich aufnehmen kann.» Das Ausmass dieser Absorption bei Insekten ist bisher weitgehend unbekannt.

Diego Moretti erklärt die Vorteile von insektenbasierter Ernährung.

Auf der Suche nach Antworten

Dieser Forschungslücke will Diego Moretti gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Zimmermann und Nikolin Hilaj, Doktorand am Labor für Humanernährung an der ETH Zürich, auf den Grund gehen. «Wir untersuchen die Eisenabsorption aus Mahlzeiten, die aus Mehlwürmern bestehen», erklärt Diego Moretti. Dabei wagen sich die drei Forscher an eine Untersuchung, die es in dieser Form weltweit noch nie gab. Für die Umsetzung starteten sie gemeinsam mit der Schweizer Insektenfarm Ensectable und der Firma Essento im Mai 2020 mit einer Züchtung von 60 Kilogramm Mehlwurm-Larven. Diese sind in wenigen Wochen erntereif. Das bedeutet, sie sind bereit für den Verzehr. Die Larven werden dann zu einem Brei verarbeitet. Für die anschliessende Humanstudie suchen die Forscher 25 gesunde Teilnehmer, die mutig genug sind, die Insekten zu probieren. Eine Blutprobe zwei Wochen nach dem Verzehr wird es ermöglichen, zu quantifizieren, wieviel Eisen tatsächlich aus der Mahlzeit aufgenommen wurde: «Die Mehlwürmer aus der Studie enthalten ein speziell markiertes Eisen mit einem isotopischen Tracer. Auf diese Weise können wir das Eisen aus den Insekten im Körper der Probanden zurückverfolgen und wissen genau, wie viel des Nährstoffs sie tatsächlich aufnehmen konnten», erklärt Moretti. Dieser Anteil wird in Relation mit dem täglichen Eisenbedarf einer durchschnittlichen Person gesetzt. «Erreicht die Absorption einen Wert von 30% des Bedarfes, deutet dies auf ein grosses Potenzial hin. Bleibt der Anteil jedoch unter 5%, gehen wir von einem minimalen Einfluss aus.»

Diego Moretti

ist Forschungsfeldleiter Ernährung und Diätetik im Departement Gesundheit der FFHS. Der studierte Lebensmittelwissenschaftler leitet an der FFHS die Forschungsprojekte im Bereich Ernährung, wobei die Suche nach evidenzbasierten ernährungswissen-schaftlichen Erkenntnissen ein zentraler Fokus darstellt.

Weitere Projekte in der Pipeline

Unwissend, wie die Studie ausgehen wird, spinnen Diego Moretti und sein Team bereits weiterführende Projektideen. «Neben Eisen ist die Proteinwertigkeit ein grosses Thema», sagt der Ernährungswissenschaftler, «wir wollen auch hier die Absorption im menschlichen Körper messen.» Dies wäre insbesondere auch für Sportler interessant und würde ihre Ernährungsmuster vielleicht sogar komplett auf den Kopf stellen.

Doch das Feld ist noch viel grösser: «Bisher sind in der Schweiz nur drei Insektenarten von der Schweizer Lebensmittelgesetzgebung als Lebensmittel anerkannt. Wenn wir jedoch in andere Länder blicken, sehen wir, dass es weitaus mehr essbare Insekten gibt.» Die Ernährungswissenschaftler der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gehen sogar noch einen Schritt weiter: In ihrem Projekt «Food from Wood» züchten sie Insektenlarven aus Holzspänen. «Der Gedanke, dass wir aus Schweizer Holz wertvolle Nährstoffquellen herstellen können, ist faszinierend», freut sich Diego Moretti, «deshalb wollen wir gemeinsam mit der ZHAW auch diese Insektenart am Menschen untersuchen.» Die beiden Fachhochschulen planen bereits eine spezielle Züchtung, die später für den Einsatz bei einer Humanstudie vorgesehen ist.

Von der Nische zum Durchbruch

Unwissend, wie die Studie ausgehen wird, spinnen Diego Moretti und sein Team bereits weiterführende Projektideen. «Neben Eisen ist die Proteinwertigkeit ein grosses Thema», sagt der Ernährungswissenschaftler, «wir wollen auch hier die Absorption im menschlichen Körper messen.» Dies wäre insbesondere auch für Sportler interessant und würde ihre Ernährungsmuster vielleicht sogar komplett auf den Kopf stellen.

Doch das Feld ist noch viel grösser: «Bisher sind in der Schweiz nur drei Insektenarten von der Schweizer Lebensmittelgesetzgebung als Lebensmittel anerkannt. Wenn wir jedoch in andere Länder blicken, sehen wir, dass es weitaus mehr essbare Insekten gibt.» Die Ernährungswissenschaftler der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gehen sogar noch einen Schritt weiter: In ihrem Projekt «Food from Wood» züchten sie Insektenlarven aus Holzspänen. «Der Gedanke, dass wir aus Schweizer Holz wertvolle Nährstoffquellen herstellen können, ist faszinierend», freut sich Diego Moretti, «deshalb wollen wir gemeinsam mit der ZHAW auch diese Insektenart am Menschen untersuchen.» Die beiden Fachhochschulen planen bereits eine spezielle Züchtung, die später für den Einsatz bei einer Humanstudie vorgesehen ist.

Weitere Projekte in der Pipeline

Nicht nur die Forschung, sondern auch die Nahrungsmittelindustrie steckt noch in den Kinderschuhen, was die kleinen Krabbeltiere anbelangt. Unternehmen wie Essento fungieren in der Herstellung essbarer Insekten als Pioniere und konnten bereits erste Produkte lancieren. Doch der grosse Erfolg auf dem Teller blieb bisher aus. Die Forschungsgruppe rund um Diego Moretti untersucht, welches Potenzial Insekten künftig haben könnten. Für den Durchbruch ist nicht nur der geringe ökologische Fussabdruck auschlaggebend, sondern auch der Geschmack und die Akzeptanz, so der Forschungsfeldleiter. Dazu beitragen könne auch der gesundheitliche Aspekt: «Schweizerinnen und Schweizer legen grossen Wert auf eine gesunde Ernährung», so Diego Moretti. «Insekten können puncto Nährstoffe einen grossen Beitrag leisten, aber es gibt noch viele offene Fragen. Wissen wir mehr, ändert dies vielleicht auch ihren Stellenwert.»

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