BERND LEINFELDER 13.04.2022

Applikationen nachhaltig modernisieren: Cloud-Services bieten neuartige Optionen

Wenn die Kernanwendungen in die Jahre kommen, steht eine Modernisierung an. Mit der Nutzung von Cloud-nativen Services können Anwendungen nachhaltig modernisiert und gleichzeitig kann Value für das Business generiert werden.

Ein grosser Teil der IT besteht in vielen Unternehmen aus Anwendungen, die schon ein wenig in die Jahre gekommen sind. Ein Lifecycle ist fällig, der Hersteller hat das Produkt abgekündigt oder die aktuellen Anforderungen werden vom bisherigen Produkt nicht mehr ausreichend unterstützt. In einer solchen Situation lohnt es sich, Angebote aus der Cloud zu berücksichtigen, wenn es darum geht, wie mit der angejahrten Anwendung weiter verfahren werden soll.

Drei Möglichkeiten zur Modernisierung

Grundsätzlich gibt es nur drei Möglichkeiten, mit Anwendungen am Ende ihres Lebens umzugehen: Man kann sie ersatzlos streichen, wenn der Grund für die Einführung der Anwendung entfallen ist. Oder man kann die neuste Version des Herstellers installieren, was wohl die meistgenutzte Option sein dürfte. Oder man kann das Programm in Teilen oder vollständig durch ein anderes Produkt ersetzen.

Eine Anwendung ersatzlos zu streichen, dürfte nur in den wenigsten Fällen möglich sein. Während der Nutzungsdauer einer Software wird deren Einsatz sogar häufig auf neue Anwendungsfälle ausgeweitet. Auch wenn diese Option also kostenmässig die attraktivste ist, so ist sie in den meisten Fällen schlicht unrealistisch.

Ein Upgrade auf die neuste Version des Produkts ist eine viel genutzte und risikoarme Option der Anwendungsmodernisierung. Die Upgrade-Pfade sind vom Hersteller definiert, gut getestet und mit kalkulierbarem Aufwand umsetzbar. Wenn Sie mit dem Produkt zufrieden sind, so wird diese Option bei Ihnen zuoberst auf der Liste der möglichen Varianten stehen. In manchen Fällen ändern die Hersteller allerdings das Lizenzmodell, sodass neue Kosten auf Sie zukommen können. Klären Sie das im Vorfeld mit dem Hersteller ab.

Betriebsaufwand mit SaaS vermeiden

Mittlerweile häufig anzutreffen ist die Variante, das Upgrade auf eine gehostete Cloud-Installation des Produkts vorzunehmen. Gegenüber dem eigenen Hosting ergibt sich daraus der Vorteil, dass der technische Betrieb des Produkts vollständig durch den Hersteller abgedeckt wird und sich im eigenen Rechenzentrum damit Einsparungen ergeben. Die grossen Vorteile eines cloudbasierten Betriebs sind daher die verminderten Betriebsaufwände, die automatische Aktualisierung auf die jeweils neuste Version durch den Hersteller, das Einspielen der jeweiligen Sicherheitspatches und ein professionelles Management der Lösung. Nachteile sind die allenfalls höheren Lizenzkosten sowie das Speichern der Daten ausserhalb der eigenen vier Wände. Automatische Updates können aber auch zum Nachteil werden, wenn sie Schnittstellen betreffen und allfällige eigene Anbindungen beeinträchtigen.

Der Betriebsaufwand vermindert sich insofern, als Sie keine Server im eigenen Data Center bereitstellen und betreiben müssen. Nichtsdestoweniger verschwindet der Betriebsaufwand nicht vollständig, die Tätigkeiten verlagern sich vielmehr. So wird das Suppliermanagement des Cloud-Anbieters aufwendiger sein als bei einer lokalen Lösung,ebenso wird sich ein technisch kompetentes Team um Themen wie Störungsbehebung und Nutzer-Support kümmern müssen. Dies im Besonderen, wenn die Cloud-Anwendung Schnittstellen zu Drittsystemen bedienen muss.

Einzelne Komponenten in der Cloud beziehen

Cloud-Services bieten neuartige Optionen, wenn es darum geht, das existierende Produkt zu überarbeiten. Dieser Weg bietet sich speziell für Eigenentwicklungen an, wenn eine Modernisierung der Lösung ansteht. Mittels Cloud-nativer Services kann hier eine deutliche Effizienzsteigerung und Kostenersparnis realisiert werden. Der Grundgedanke besteht darin, dass einzelne Komponenten Ihrer Anwendung als fixfertiger Service aus der Cloud bezogen werden und somit die Gesamtarchitektur Ihrer Lösung vereinfacht wird (Re-Platforming oder Re-Factoring).

Da können schon einfache Massnahmen eine grosse Wirkung erzielen: Nutzt Ihre Anwendung eine Datenbank,so können Sie einen Datenbankservice aus der Cloud als schlüsselfertigen Service beziehen. Die Servicequalität,wie etwa die Verfügbarkeit, kann weitgehend frei gewählt werden. Aus einem schwierig zu betreibenden und teuren High-Availability-Cluster in Ihrem Data Center wird so ein Service, den Sie vom Cloud-Anbieter beziehen und den Sie in der Regel nach Nutzung bezahlen. Zusatzdienste wie Monitoring und Backup übernimmt der Anbieter und Ihre interne IT kann sich um anderes kümmern.

Gerade bei schwierig und aufwendig zu betreibenden Diensten, die spezialisiertes Personal zum Betrieb benötigen, ergeben sich mittels Cloud-Services oftmals grosseEinsparpotenziale bei gleichzeitig verbesserter Servicequalität. Für Basisdienste wie Datenbanken sind solche Anpassungen in einer bestehenden Anwendung auch meist einfach umzusetzen.

Eventuell lohnen sich auch tiefe Eingriffe

Tiefere Eingriffe in die bestehende Architektur erlauben daneben auch weitreichendere respektive strategische Verbesserungen. Angenommen, Ihre Anwendung nutzt zur Workflow-Steuerung eine selbst entwickelte Workflow-Engine. Solche Komponenten sind in der Regel sehr komplex, schwierig zu warten und teuer im Unterhalt. Eine solche Komponente könnten Sie nun durch eine in der Cloud bereitgestellte BPM-Engine ersetzen, die als Standardprodukt kosteneffizienter bereitgestellt werden kann. Ihr bestehendes Workflow-Team kann sich um die Kernfunktionen kümmern und dort unternehmensspezifische Anforderungen umsetzen. Indem Sie ein Standardprodukt nutzen, erhalten Sie zum einen ein ausgereiftes Produkt mit umfangreichen Features und kommen zum anderen regelmässig in den Genuss von Produkterweiterungen durch den Hersteller. Ähnliche Möglichkeiten ergeben sich, wenn Ihre Anwendung umfangreiche Reports zur Verfügung stellt. Im Markt sind heute vielfältige Reporting-Tools verfügbar, die Sie einfach integrieren können und die als universelle Reporting-Engine die Reporting-Möglichkeiten Ihrer Anwendung um mächtige Selfservice-Funktionalitäten erweitern können.

Umfassende Bestandsaufnahme vornehmen

Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass mittels Cloud-Services eine bestehende Anwendung in unterschiedlichen Dimensionen weiterentwickelt und modernisiert werden kann. Wichtig sind die ehrliche Bestandsaufnahme der aktuellen Stärken und Schwächen der bestehenden Lösung und ein klares Zielbild hinsichtlich der strategischen Ausrichtung der Unternehmung.

(Erstveröffentlichung: Computerworld 2022)

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