18.10.2023

«Ich wünsche mir, dass wir Mütter besser informiert werden»

Der «Kaspar-von-Stockalper-Preis» 2023 in der Kategorie «Bachelor» gewann Miriam Näf, Absolventin des BSc Ernährung und Diätetik. Ihre Arbeit zur Eisenversorgung von Mädchen zwischen 11 und 17 Jahren aus der Sicht der Mütter überzeugte die Jury. Im Interview erklärt die Preisträgerin, wie sie auf die Idee zu ihrer Thesis kam und wie wichtig die Ernährung beim Thema Eisenversorgung ist.

Miriam Näf, wie kamen Sie auf die Idee zu ihrer Bachelor-Thesis?
Meine Tochter hatte viele Symptome, die zu einem Eisenmangel passten: sie war gereizt, unkonzentriert, müde, beim Velofahren oder Sport wurde ihr oft schwindelig, sie hatte oft Kopfschmerzen, war leistungsschwach. Ich dachte, ihr fehlt etwas. Eisen kam mir in den Sinn, weil sie in der Pubertät stark wuchs, ihre Periode bekam und sich ihr Essverhalten verändert hatte. Der Labortest hat meine Vermutung später bestätigt. Es wurde bei ihr ein starker Eisenmangel festgestellt. Es hat mich sehr irritiert, als angehende Ernährungsberaterin diesen Mangel erst so spät bemerkt zu haben. Sie hat sich doch gesund ernährt. Beim Eisen reicht das jedoch nicht aus. Zumal die meisten Gemüse und Früchte sowie Milch und Milchprodukte eisenarm sind und auch die Kombination der Lebensmittel eine wichtige Rolle bei der Eisenresorption spielt. Ich habe mich gefragt, wie es um das Wissen bei den anderen Müttern steht und mich so für das Thema entschieden.

Wie steht es generell um die Eisenversorgung der untersuchten Gruppe?
Eisenmangel ist weltweit die am weitesten verbreitete ernährungsbedingte Mangelerscheinung. Gemäss der Studie «EsKiMo II» befindet sich die Eisenzufuhr bei der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland unterhalb der Zufuhrempfehlung, insbesondere bei den 12- bis 17-jährigen Mädchen. In der Schweiz sehen die Daten ähnlich aus.

Wie sind Sie vorgegangen? Woher haben Sie Ihre Daten bezogen?
Als erstes habe ich eine detaillierte Literaturrecherche durchgeführt, Studien zum Thema gelesen; Eisenbedarf, Risikofaktoren und Prävalenz des alimentären Eisenmangels, Einfluss der Eltern auf das Essverhalten ihrer Kinder sowie Daten zu ihrer Ernährungskompetenz. Anschliessend habe ich die Haupteisenquellen erfasst. Die Ergebnisse meiner Recherchen führten mich zu meiner Zielgruppe Mütter und die Altersspanne der Mädchen. Als nächstes habe ich mittels Fragebogen die wichtigsten Daten der Zielgruppe erfasst. Alles, was man mit geschlossenen bzw. halbgeschlossenen Fragen eruieren kann, wie zum Beispiel Abneigungen der Mädchen gegen eisenreiche Lebensmittel, die Anzahl Mahlzeiten, die zuhause eingenommen werden oder das Wissen der Mütter über Eisenquellen. Abschliessend habe ich Interviews durchgeführt, um Schwierigkeiten und Wünsche der Mütter zu erfragen, etwas tiefer ins Thema hineinzugehen, konkret zu eruieren, wie hilfreich eine Broschüre für sie wäre und was diese genau beinhalten sollte. 

Was sind die grössten Schwierigkeiten bei der Eisenversorgung von Mädchen?
Meine Ergebnisse zeigen, dass es einerseits am Wissen der Mütter über das Thema mangelt und andererseits an den Abneigungen der Mädchen gegenüber Eisenquellen, insbesondere bei pflanzlichen wie Hülsenfrüchten, Tofu oder aber auch am Vegetarismus liegt.

Mit Ernährung kann viel zu einer optimalen Eisenversorgung beigetragen werden?
Ja, absolut. Die Voraussetzung dafür ist, die Eisenquellen zu kennen, aber vor allem zu wissen, wie die Lebensmittel kombiniert werden sollen, um die Eisenresorption zu verbessern. Dabei spielt Vitamin C eine entscheidende Rolle.

Was wünschen Sie sich in Sachen Prävention?
Ich wünsche mir, so wie auch über 90 Prozent der Befragten, dass wir Mütter besser über das Thema Eisen informiert und sensibilisiert werden. In der Pubertät erhöht sich der Eisenbedarf der Mädchen um 50 Prozent. Bei starker Monatsblutung und/oder Leistungssport kann der Eisenbedarf der Mädchen noch höher sein. Das war mir nicht bewusst. Mit einer Broschüre, die idealerweise von Kinderärztinnen oder Kinderärzten bei der 10. Jahreskontrolle der Mädchen erklärt und übergeben wird, kämen die nötigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt. Mütter setzen alles in Bewegung, das Beste für ihre Kinder zu tun. Ich habe alle Teilnehmerinnen als äusserst motiviert und interessiert erlebt.