«Die Frage ist nicht, ob Konzepte wie das Holodeck aus Star Trek realisierbar sind, sondern wann.»
Axel Merz hat mit seiner Bachelorthesis an der FFHS etwas Bemerkenswertes geschafft: Seine Abschlussarbeit über die Akzeptanz von immersiver virtueller Realität wurde in einem internationalen Fachjournal publiziert. Im Interview erzählt er, worum es geht.

Axel Merz, FFHS-Absolvent, ist überzeugt, dass uns der Durchbruch von immersiven Virtual-Reality-Technologien im Berufsalltag kurz bevorsteht. (Symbolbild: Vitaly Gariev)
Axel Merz, was war der Auslöser, sich mit immersiver virtueller Realität (IVR) zu befassen?
Als ich das Thema für meine Bachelorarbeit festlegte, wollte ich einerseits eine Mensch-Computer-Schnittstelle untersuchen und andererseits an einem Thema arbeiten, das mich wirklich begeistert. Meine Leidenschaft für Science-Fiction und Faszination für immersive Virtual-Reality-Technologie (IVR) haben mich von Beginn an begleitet. Ich bin überzeugt, dass der Durchbruch dieser Technologie unmittelbar bevorsteht.
Obwohl in letzter Zeit mehrere leistungsstarke IVR-Headsets auf den Markt gekommen sind, ist der lang ersehnte Durchbruch bisher jedoch ausgeblieben. Der Einsatz von IVR in Schulungs- und Rehabilitationsszenarien wird zwar bereits intensiv erforscht und in der Praxis angewendet. Gleichzeitig ermöglichen heute diverse Apps und Plattformen die Zusammenarbeit in virtuellen Welten, ohne dass dieser Anwendungsbereich bislang wissenschaftlich untersucht wurde. Diese Forschungslücke – zumindest teilweise – zu schliessen, bot den idealen Rahmen für meine Bachelorarbeit.
Worum geht es in Ihrer Arbeit?
Meine Arbeit beschäftigt sich mit den Faktoren, die Menschen dazu bewegen, IVR für die berufliche Zusammenarbeit zu akzeptieren oder abzulehnen. Diese Faktoren lassen sich als Zutaten eines Rezepts vorstellen: etwa ob die Technologie als nützlich wahrgenommen wird, leicht zu bedienen ist, von anderen positiv bewertet wird oder Freude bereitet. Faktoren, die die Bereitschaft zur Nutzung positiv beeinflussen, erhöhen die Akzeptanz. Genau auf solche Aspekte gilt es bei der Entwicklung entsprechender Technologien und Anwendungen zu setzen, um den Durchbruch von IVR in der Berufswelt zu fördern.
Und was haben Sie konkret herausgefunden?
Die zentrale Erkenntnis meiner Studie ist, dass Leistungserwartung und sozialer Einfluss die stärksten Prädiktoren für die Bereitschaft sind, IVR-Technologie im beruflichen Kontext zu nutzen. Anders gesagt: Menschen sind eher bereit, IVR für die Zusammenarbeit einzusetzen, wenn sie davon überzeugt sind, dass die Technologie ihnen tatsächlich bei der Arbeit hilft und wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Umfeld die Nutzung unterstützt oder sogar erwartet. Weitere Faktoren wie Aufwandserwartung und Spass an der Bedienung wurden zwar positiv bewertet, hatten aber keinen signifikanten Einfluss auf die Nutzungsabsicht.
Wie schätzen Sie die aktuelle Akzeptanz von IVR am Arbeitsplatz ein – ist es ein Hype, ein Nischenthema oder ein unterschätzter Gamechanger?
Aus meiner Sicht befindet sich IVR am Arbeitsplatz aktuell noch in einer Nische. Trotz des Hypes rund um den Launch von Apples Vision Pro und Metas Quest 3, sinkender Hardwarepreise und einer zunehmenden Zahl an Pilotanwendungen ist die breite Integration in den Arbeitsalltag bislang ausgeblieben. Ein wesentlicher Grund dürfte die Unsicherheit vieler Unternehmen sein, ob sich Investitionen in IVR tatsächlich lohnen.
Wie könnten Unternehmen IVR im Alltag denn einsetzen?
IVR kann meines Erachtens überall dort einen echten Mehrwert bieten, wo Kreativität und Immersion gefragt sind. In virtuelle Welten einzutauchen, die reale Gegebenheiten simulieren, um etwa neue Konzepte zu entwickeln oder um praxisnahe Schulungen zu absolvieren, kann Teams zu Höchstleistungen anspornen, neue Ideen freisetzen und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl fördern. Wer schon einmal in einer virtualisierten Umgebung kreativ gearbeitet hat, weiss, wie inspirierend diese Erfahrung sein kann. Es geht nicht nur um Technologie, sondern auch um neue Formen der Zusammenarbeit, die den Arbeitsalltag transformieren könnten.
Inwiefern könnte KI das Potenzial noch weiter pushen?
Obwohl KI nicht im Zentrum meiner Forschung stand, sehe ich einen spannenden Zusammenhang zur aktuellen Debatte. Die jüngsten Durchbrüche im Bereich der KI könnten sich als Katalysator für IVR-Technologien erweisen. KI-gestützte Virtualisierungsprogramme haben das Potenzial, die Immersion deutlich zu steigern und neue Anwendungsszenarien in der Arbeitswelt zu erschliessen. Die Möglichkeiten sind vielfältig: von hyperrealistischen Simulationen bis zu intuitiven Schulungs- und Kollaborationsumgebungen mit KI-Assistenten. Die Frage ist womöglich nicht mehr, ob Konzepte wie das Holodeck aus Star Trek realisierbar sind, sondern wann.
Ihre Bachelorarbeit wurde im renommierten Fachjournal «Virtual Reality» veröffentlicht – wie fühlt das sich an?
Ich bin sehr stolz und dankbar, dass ich meine Bachelorarbeit in einem Fachjournal publizieren und so die wissenschaftliche Debatte weltweit bereichern konnte. Für mich ist dies der krönende Abschluss meines Studiums. Ich konnte das im Studium erworbene Methodenwissen gezielt einsetzen, um eine bisher wenig beachtete Fragestellung systematisch zu beleuchten. Zugleich erfüllt mich der Gedanke, dass meine Ergebnisse anderen Forschenden als Ausgangspunkt dienen und zukünftige Studien anregen können.

Axel Merz glänzte mit seiner Bachelor-Arbeit in Wirtschaftsinformatik an der FFHS und konnte sie im international renommierten Fachjournal Virtual Reality publizieren.