Vom Toast Hawaii zur Plant-Based Revolution – Foodtrends im Wandel
Essen ist mehr als blosse Nahrungsaufnahme – es ist ein Spiegel der Gesellschaft. Foodtrends wandeln sich über die Zeit und geben Aufschluss, wie sich unser Lebensstil, unsere Werte und unser technologisches Umfeld verändern.

Kultgericht aus den 1960er Jahren: Toast Hawaii. (Foto: Adobe Stock)
Erinnern Sie sich an Toast Hawaii? Die Kombination aus Ananas, Schinken, Käse und Toast wurde Ende der 1950er Jahre populär und entsprach dem damaligen Trend, internationale Einflüsse in die heimische Küche zu integrieren – ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit und die Sehnsucht nach fernen Ländern.
Foodtrends sind keine zufälligen Erscheinungen, sondern das Ergebnis gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen. Sie entstehen aus einem Zusammenspiel von Konsumentenbedürfnissen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Innovationen in der Lebensmittelproduktion. Hanni Rützler, eine der führenden Foodtrend-Forscherinnen Europas, beschreibt Foodtrends als dynamische Prozesse, die sich über fünf bis zehn Jahre entwickeln. Sie verändern sich, präzisieren sich oder verschwinden wieder – und oft löst ein starker Trend eine Gegenbewegung aus.
Kühlschrank, Hamburger und Mikrowellen
Unsere Esskultur hat sich über Jahrhunderte hinweg stetig weiterentwickelt. Einschneidend war die Industrialisierung der Landwirtschaft, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts unser Ernährungssystem prägte. Sie brachte mit Entwicklungen wie Massentierhaltung, chemischen Düngemitteln und Pestiziden höhere Erträge, aber auch ökologische Herausforderungen mit sich. Der Einzug des Kühlschranks in die Haushalte machte frische Lebensmittel länger haltbar, was den Lebensmitteleinkauf revolutionierte und saisonale Abhängigkeiten verringerte. Fertiggerichte, Mikrowellen und Fast-Food-Restaurants sind Symbole für eine neue Ära des schnellen, bequemen und kostengünstigen Essens. Sie bieten Flexibilität, ohne selbst zu kochen.
Trends und Gegentrends
Eine wichtige Entwicklung, die bis heute anhält, ist das Bewusstsein für gesunde Ernährung, getrieben durch medizinische Erkenntnisse. Besonders ab den 1970er Jahren setzte eine breit diskutierte Gesundheitswelle ein, begleitet von Diättrends und alternativen Ernährungsformen. Heute stehen wir vor einer Vielfalt, die nur noch schwer zu überblicken ist. «Die Möglichkeiten sich ausgewogen zu ernähren waren nie so gut wie heute. Aber durch die ständige Verfügbarkeit benötigt es mehr bewusste Entscheide», sagt Jacqueline Javor Qvortrup, Studiengangsleiterin BSc Ernährung und Diätetik sowie Ernährung und Gesundheit an der FFHS.

«Es wird auch davon gesprochen, dass Essen und Ernährung die neue Religion seien.»
Der übergreifende Trend zu Nachhaltigkeit schlägt sich ebenfalls in unseren Essgewohnheiten nieder. So gewann die vegane Ernährung enorm an Bedeutung. Die «Plant-Based Revolution» brachte Fleischalternativen hervor, die geschmacklich kaum noch von echtem Fleisch zu unterscheiden sind. Doch auf grosse Trends folgt meist ein Gegentrend: Flexitarier, die bewusst weniger Fleisch essen, und «Real Omnivores» (die «wahren Allesesser»), die neugierig und nachhaltig essen – ob pflanzlich, mit Insekten oder mit innovativen Foodtech-Produkten wie In-vitro-Fleisch. Oder die «Carneficionados», die für den bewussten Genuss von qualitativ hochwertigem Fleisch aus nachhaltiger Produktion plädieren. Die Beispiele zeigen: Wie man sich ernährt, verrät heute viel über die politische Gesinnung. «Gerade durch die ständige Verfügbarkeit hat es eine Verschiebung gegeben in Richtung politisches Statement. Es wird auch davon gesprochen, dass Essen und Ernährung die neue Religion seien», sagt Javor Qvortrup.
Die Zukunft
Der Foodtrend-Report, den die Trendforscherin Hanni Rützler jedes Jahr neu herausgibt, zeigt, wohin die Reise in Zukunft geht. Nachhaltigkeit und Gesundheit stehen in ihrem Bericht 2025 nach wie vor im Mittelpunkt. Die Minimierung von Food Waste ist ein grosses Thema, das viele Unternehmen innovativ angehen, etwa durch einen intelligenten Abfallscanner in Gastroküchen. Der Scanner analysiert durch Sensor und Kamera, welche Lebensmittel am häufigsten weggeworfen werden, und zeigt das Einsparungspotenzial auf. Ein weiterer Trend ist «Circular Food», ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft, wo nach Möglichkeiten gesucht wird, Lebensmittelreste kreativ weiterzuverarbeiten und beispielsweise aus altem Brot neue Gerichte oder Produkte herzustellen.
Auch der Trend «New Glocal» hat einen bewussteren Umgang mit Ressourcen zum Ziel und steht für ein neues, sinnvolleres Verhältnis von lokal produzierten und global importierten Lebensmitteln. Dabei bestimmt die regionale Verfügbarkeit und nicht der günstigere Preis, ob ein Nahrungsmittel importiert wird oder nicht. Oder der Trend zu «regenerative Food», der auf gesunde Böden setzt und die Abhängigkeit von synthetischen Düngemitteln und so die Treibhausgasemissionen reduzieren will.
Der Blick auf die Zukunft zeigt: Der Fokus wird verstärkt auf intelligente, nachhaltige Lösungen gelegt, die durch Technologien und innovative Konzepte unser Essverhalten weiter verändern werden. Wer weiss, vielleicht wird der In-vitro-Burger oder der Insektensnack eines Tages genauso ikonisch sein wie einst Toast Hawaii.