Gesichter der Forschung 06.10.2025

«Mutig sein heisst manchmal auch, nicht zu viel nachzudenken»

Christian Müller ist Senior Researcher und Dozent im Bereich Betriebsökonomie und Sportmanagement – und Technologieexperte. Er hat einen ungewöhnlichen Weg gewählt. Was ihn antreibt? Junge Menschen fördern, echte Lösungen entwickeln – und immer neugierig bleiben. Ein Gespräch über Disziplin, Mut, den Römerbrief und das richtige Mass an Denken.

Christian, du bist als Dozent und Forscher an der FFHS aktiv. Was genau machst du aktuell?
Ich bin als Senior Researcher im Bereich Sport am Institut für Management und Innovation (IMI) tätig und leite dort gleichzeitig den Fachbereich Marketing im Bachelorstudium Betriebsökonomie und Sportmanagement. Daneben bin ich aktiv in der Lehre und betreue auch Masterarbeiten. Forschung und Lehre sind bei mir stark miteinander verbunden – das macht die Arbeit besonders interessant.

Gibt es einen Bereich, der dir besonders am Herzen liegt?
Ich arbeite sehr gern mit Studierenden. Es ist erfüllend, junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Gleichzeitig ist es spannend, meinen Bereich auch strategisch weiterzuentwickeln. Diese Kombination aus Lehre, Praxis und Gestaltung liegt mir sehr.

Gerade im Sportmanagement trifft man auf besondere Persönlichkeiten. Spürt man das im Studienalltag?
Auf jeden Fall. Viele Sportstudierende haben eine Vergangenheit im Leistungssport. Sie bringen oft eine hohe Fokussierung und Disziplin mit. Ich nutze in der Lehre gern Analogien aus dem Sport, um wirtschaftliche Konzepte greifbar zu machen. Das hilft nicht nur beim Verständnis, sondern motiviert auch.

Gibt es Studierende, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Zum Beispiel Gregor Deschwanden, einer unserer besten Skispringer. Er zeigt auf der Schanze unglaublichen Mut – aber beim Interviewtraining war er deutlich zurückhaltender. Solche Gegensätze sind faszinierend. Viele Spitzensportler sind in Extremsituationen souverän, aber in anderen Kontexten gefordert. Das macht die Arbeit mit ihnen sehr menschlich und interessant.

Wie kamst du selbst eigentlich in den Sportbereich?
Mein beruflicher Ursprung liegt in der Chemie – ich habe an der ETH Zürich in technischer Chemie promoviert. Über die Unternehmensberatung bin ich dann zu einer internationalen Sportmarketingagentur gekommen, wo ich 17 Jahre tätig war. Ich habe Champions-League-Finals, Olympische Spiele und Weltmeisterschaften begleitet. Irgendwann wollte ich mein Wissen weitergeben – und das führte mich zur FFHS.

Ein Wechsel von der Laborarbeit in ein emotionales Umfeld wie den Profisport – wie war das für dich?
Es war ein bewusster Schritt. Chemie ist spannend, aber auch abstrakt. Im Sportumfeld spürt man direkt, was man bewegt – und man arbeitet mit Menschen, die etwas erreichen wollen. Das begeistert mich bis heute.

Du arbeitest nicht nur an der FFHS – was machst du daneben?
Ich bin nur zu 20 Prozent angestellt – der Rest ist Praxis. Ich entwickle KI-gestützte Lösungen für Sportverbände wie FIFA, UEFA oder die National League im Eishockey. Das Programmieren ist mein Hobby – und zugleich mein zweiter Beruf. Ich sehe mich als Brückenbauer zwischen Forschung, Lehre und Praxis.

Was motiviert dich hauptsächlich in deiner Arbeit?
Zum einen, junge Leute zu fördern – ihnen zu zeigen, dass eine wissenschaftlich fundierte Herangehensweise oft weiterführt als reine Intuition. Zum anderen interessieren mich technologische Entwicklungen. KI, Streaming oder Blockchain verändern gerade die Sportwelt massiv – hier mitzugestalten, ist sehr reizvoll.

Wie hältst du dich persönlich fit?
Ich fahre leidenschaftlich gern Mountainbike – am liebsten im Grünen rund um den Üetliberg. Im Winter fahre ich gerne Ski. Natur ist für mich ein wichtiger Ausgleich. Meine Lieblingsfarbe ist übrigens auch Grün – sie steht für Hoffnung und Optimismus, Eigenschaften, die mir wichtig sind.

Was wolltest du als Kind einmal werden?
Ich wollte einst Pilot werden. Daran erinnere ich mich noch. Das hat sich dann aber relativ rasch erledigt. Sport hat mich indes stets begleitet und geprägt. Zumindest hat sich dies später als Bereich meines Traumjobs erwiesen.

Welche drei Dinge würdest du auf eine Reise zum Mond mitnehmen?
Meine Familie – natürlich. Ein leistungsfähiger Laptop, ohne den geht wenig bei mir. Und vielleicht ein Mountainbike – wer weiss, wie sich das auf dem Mond fährt (lacht).

Mit welcher historischen Persönlichkeit oder Promi würdest du gerne mal einen Kaffee trinken, und wo?
Der Apostel Paulus. Ich war besonders von seinem bekannten Römerbrief beeindruckt. Er hat darin die Grundlagen der christlichen Theologie gelegt – nur 20 Jahre nach dem Tod von Jesus. Was er dort formuliert, war visionär. Ich würde ihn gerne fragen, wie er zu dieser Klarheit fand. Und wo – tja, wohl irgendwo unterwegs zwischen Jerusalem und Rom.

Welche Farbe würde dich am besten charakterisieren?
Wie bereits erwähnt: Grün. Die Farbe der Hoffnung und auch des Optimismus. Dazu steht sie für Natur, die ich liebe.

Wenn du nur noch eine Band oder eine Musikerin respektive einen Musiker bis zum Lebensende hören dürftest, wer wäre das?
Wenn ich mich für eine einzige Musik entscheiden müsste, dann Johann Sebastian Bach. Seine Kompositionen sind perfekt zum Abschalten und Entspannen – sie ordnen und beruhigen.

An der FFHS wird nicht nur fleissig studiert und unterrichtet. Es gibt auch vier Forschungsabteilungen, in denen viele spannende Projekte umgesetzt werden. Wer aber steht hinter der FFHS-Forschung? Wir präsentieren in einer Reihe einige der verantwortlichen Personen und zeigen, wer sie neben ihrer Forschertätigkeit sonst noch sind.

Dieses Mal war Dr. Christian Müller an der Reihe.

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